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Machtmenschen. Dieses Bild vom Sonntag aus dem Abgeordnetenhaus hat etwas Symbolisches: An Frank Henkel kommt Klaus Wowereit als künftiger Regierungschef kaum vorbei. Obwohl der SPD die Grünen inhaltlich näher sind, wäre eine Koalition mit der CDU rechnerisch stabiler. Zuvor müssten viele Kompromisse ausgehandelt werden. Foto: dapd/Berthold Stadler

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Update

Mögliche Koalitionen: Henkel und Wowereit müssen reden

Wegen der knappen Mehrheit für ein rot-grünes Bündnis rückt die CDU für Berlins Sozialdemokraten als möglicher Koalitionspartner ins Blickfeld. Strittige Projekte könnten mit der CDU leichter umzusetzen sein.

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Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat noch am Wahlabend angekündigt, dass die SPD sowohl mit den Grünen als auch mit der CDU über eine Regierungsbildung sprechen werde. Damit folgt er der Linie, die die Parteiführung vor der Wahl festgelegt hat: Sondierungsgespräche soll es mit allen Parteien geben, mit denen eine rechnerische Mehrheit im Parlament für die Bildung einer neuen Landesregierung möglich ist.

Am Montag will der SPD-Landesvorstand beschließen, dass Grüne und Christdemokraten zu Sondierungstreffen eingeladen werden. Je nachdem, wie diese Gespräche verlaufen, werden die Sozialdemokraten mit einem der beiden Parteien in Koalitionsverhandlungen eintreten. Bis zu dieser Entscheidung in den Führungsgremien des SPD-Landesverbandes werden voraussichtlich ein, zwei Wochen vergehen.

Wowereit deutete am Sonntag bereits an, dass ihm die Grünen als künftiger Koalitionspartner lieber wären. „Es gibt selbstverständlich die meisten Schnittmengen zu den Grünen und nicht zur CDU, aber wir werden das sehen“, sagte er. Das entspricht auch der Stimmung an der Basis der Berliner SPD, vor allem in den westlichen Kreisverbänden und beim linken Mehrheitsflügel der Partei.

Die Berliner Grünen sind nach dem Ende von Rot-Rot in der Hauptstadt bereit für eine Koalition mit der SPD. „Es gibt eine stabile Mehrheit, und die SPD hat jetzt den Auftrag, aus dieser Mehrheit etwas zu machen“, sagte Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann am Montag nach der Abgeordnetenhauswahl. Auf der Grundlage eines gemeinsam mit der SPD ausgehandelten Programms „werden wir alles tun, um eine gute, nachhaltige Politik für die Stadt zu machen“, betonte Ratzmann. Auch Spitzenkandidatin Renate Künast sagte: „Ich hoffe auf eine rot-grüne Regierung, die den Dornröschenschlaf ablöst und endlich was in Berlin bewegt.“

Bundesparteichef Sigmar Gabriel betonte, Wowereit sei „völlig frei“ bei der Wahl des Regierungspartners. Was zähle, sei eine stabile Regierung. Das klang wie ein Plädoyer für Rot- Schwarz – erst recht angesichts der am späteren Abend auf eine Stimme zusammengeschnurrten Mehrheit für Rot- Grün. Auch Wowereit gab zu bedenken, es sei wichtig, „dass sich die Grünen zu einer Stadtpolitik bekennen, die auf Fortschritt setzt und nicht auf Stillstand“.

Damit bezog sich der SPD-Spitzenmann wohl nicht nur auf die höchst strittigen Pläne zur Verlängerung der Stadtautobahn A 100 von Neukölln nach Treptow, sondern auch auf den Großflughafen in Schönefeld und den damit verbundenen Konflikt um Flugrouten und Fluggenehmigungen in den nächtlichen Randzeiten oder auf den Bau einer neuen Landesbibliothek auf dem Tempelhofer Feld.

Für die SPD führt ein Dreier- oder Fünfergremium die Sondierungsgespräche – je nachdem, wie groß die Verhandlungsteams der Gegenseite sind. Wowereit sowie SPD-Landes- und -Fraktionschef Michael Müller sind gesetzt. Nach der Wahl 2006 gehörte die SPD-Linke und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge- Reyer zum Sondierungstrio. Sie wird diesmal nicht mehr dabei sein. In der engeren Auswahl sind jetzt die Vize-Landesvorsitzenden Iris Spranger und Barbara Loth.

Die Grünen werden sich am Montagmorgen zur ersten Runde mit den Fraktionschefs Ramona Pop und Volker Ratzmann, den Landeschefs Daniel Wesener und Bettina Jarasch und Spitzenkandidatin Renate Künast treffen. Anschließend tagen die Bundesgremien. Und dann heißt es für die Berliner Grünen: Warten auf die Einladung der SPD zu Sondierungsgesprächen. Wie berichtet werden auch daran fünf Grüne teilnehmen: Fraktionschefs, Landesspitze und Renate Künast. Ganz ohne Vorbedingung werden die Gespräche nicht ablaufen: Ratzmann hatte vor ein paar Tagen noch einmal klargestellt, dass es einen Weiterbau der A 100 mit den Grünen nicht geben werde. „Aber das werden wir mit der SPD in den Gesprächen behandeln und nicht vorher“, sagte Ratzmann am Abend. Berlin wolle Veränderung, und die solle die SPD jetzt auch zeigen. Die Grünen seien „kein billiger Ersatz für die Linken“, sagte Renate Künast. „Die Themen Bildung, Mieten und fair bezahlte Jobs“ müssten sich widerspiegeln. Die Grünen haben ein Zehn- Punkte-Papier erarbeitet, in dem neben Bildung unter anderem ein neues Energiekonzept gefordert wird. Darüber hinaus wollen sie Projekte entwickeln für eine familien- und geschlechtergerechte Stadt und ein prosperierendes Berlin. Die Gespräche werden frühestens Mitte dieser Woche beginnen. Unabhängig davon, ob es nach den Sondierungen zu rot-grünen Koalitionsverhandlungen kommt: Heute Abend treffen sich die alten und neu gewählten Fraktionsmitglieder der Grünen zu einer ersten informellen Sitzung.

Die CDU hat noch keine Verhandlungskommission bestimmt. Darüber werde am Montagmorgen im Präsidium entschieden, hieß es. Die Mitglieder der Kommission dürften etwa identisch mit dem Präsidium sein. Das setzt sich aus Henkel, seiner Stellvertreterin Monika Grütters, dem Unternehmer Thomas Heilmann, den Kreischefs Michael Braun und Frank Steffel sowie Generalsekretär Bernd Krömer zusammen. Der Kommission könnte auch Mario Czaja, der Gesundheitspolitiker der Fraktion, angehören. „Wer mit uns für stabile, verlässliche Mehrheiten sorgen will, mit dem werden wir gerne sprechen“, sagte Henkel am Sonntagabend in Richtung Wowereit: „Der Ball liegt bei ihm.“

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