zum Hauptinhalt

Berlin: Monopol gesichert: "Politik nach Gutsherrenart" Grüne verklagen den Senat

Das Berliner Verfassungsgericht soll feststellen, ob die "Einmalzahlung" von 805 Millionen Mark der Berliner Stadtreinigung (BSR) an die Landeskasse rechtmäßig war. Die Abgeordnetenhausfraktion der Grünen hat eine Organklage eingereicht.

Das Berliner Verfassungsgericht soll feststellen, ob die "Einmalzahlung" von 805 Millionen Mark der Berliner Stadtreinigung (BSR) an die Landeskasse rechtmäßig war. Die Abgeordnetenhausfraktion der Grünen hat eine Organklage eingereicht. Darin wird dem Senat vorgeworfen, das Parlament umgangen und darauf verzichtet zu haben, die finanzielle Transaktion mit der BSR auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Die Stadtreinigung hat - mit Rückendeckung des Senats - Kredite aufgenommen, um die 805 Millionen Mark zahlen zu können, die Bestandteil einer "Zielvereinbarung" sind.

Diese vertragliche Vereinbarung mit dem Senat sichert der BSR auf weitere 15 Jahre das Monopol für die Straßenreinigung und Abfallbeseitigung und verpflichtet das Unternehmen auf einen strikten Sanierungskurs. In einem ersten Schritt bis 2003 müssen 1729 Stellen und jährlich 170 Millionen Mark eingespart werden. Die Zielvereinbarung wurde am 6. Juli 2000 abgeschlossen, das Abgeordnetenhaus sei nur über die Presse informiert worden, beklagen die Grünen. Von der Absicht, die 805 Millionen Mark für den Landeshaushalt vollständig über Kredite zu finanzieren, habe der parlamentarische Wirtschaftsausschuss erst am 25. September erfahren.

Die verfassungsmäßigen Rechte des Abgeordnetenhauses seien verletzt worden, argumentieren die Kläger. Denn eine Kreditaufnahme der Stadtreinigung sei einer Kreditaufnahme des Landes Berlin gleichzusetzen. Schließlich hafte der Senat für finanzielle Verbindlichkeiten von Anstalten des öffentlichen Rechts uneingeschränkt. Anleihen der öffentlichen Hand dürften laut Landesverfassung aber nicht ohne gesetzliche Grundlage aufgenommen werden. Jede öffentliche Verschuldung bedürfe parlamentarischer Zustimmung. "Anderenfalls käme es zu einer Schattenverschuldung, die unübersehbar und unkontrollierbar wäre."

Der Senat hat die BSR-Einmalzahlung weder im Haushalts- noch im Betriebegesetz berücksichtigt. Nach geltendem Recht dürfe die Stadtreinigung fremdes Geld nur für die Erfüllung ihrer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben - Stadtreinigung und Abfallentsorgung - aufnehmen, sagen die Grünen. Die Konsolidierung des Landeshaushalts gehöre nicht zum Aufgabenkatalog. Der Senat habe in diesem Fall "Politik nach Gutsherrenart" betrieben, kritisierte gestern der Grünen-Haushaltsexperte Joachim Esser. Das Parlament sei wohl auch deshalb nicht eingeschaltet worden, um Konflikte mit den Koalitionsfraktionen zu vermeiden. Die Zielvereinbarung mit der BSR stoße bei CDU und SPD nicht auf ungeteilte Zustimmung.

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen verfolgt die Verfassungsklage der Grünen mit großem Interesse. Weniger aus juristischen Gründen: Mit der BSR-Zielvereinbarung habe der Senat "Chancen zur Kostendämpfung vergeben", erklärte der Verband. Es bestehe die Gefahr, dass die Müllgebühren drastisch teurer würden. Finanzsenator Peter Kurth glaubt nicht, dass die Grünen mit ihrer Klage durchkommen. Die BSR-"Einmalzahlung" sei keine Kreditaufnahme für den Landesetat, sagte Pressesprecher Klaus Dittko.

za

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false