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Berlin: Mord in Weißensee: Prozess beginnt

Oliver A. erhielt im ersten Anlauf 14 Jahre Haft. Nun droht die Höchststrafe

Oliver A. habe in Panik gehandelt, hieß es im ersten Urteil. Weil er unter Alkohol und Drogen stand, habe er „diese schrecklichen Impulse“ nicht mehr steuern können. Der heute 34Jährige, der in einem Villenviertel in Weißensee ein Ehepaar niedergestochen hatte, kam mit 14 Jahren Haft wegen zweifachen Totschlags davon. Ein Urteil, das bei vielen auf Unverständnis stieß. Ein Urteil, das vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Leipzig keinen Bestand hatte. Ab heute wird vor einer anderen Kammer des Berliner Landgerichts erneut gegen Oliver A. verhandelt.

Am Morgen des 10. August 2002 hatte Oliver A. nach durchzechter Nacht eine 16-Jährige bis zu ihrem Elternhaus verfolgt. Er kannte das Mädchen nicht. Sie habe ihn an eine frühere Freundin erinnert, gab er später zur Protokoll. Er drang durch ein Fenster in das Haus im Bundenbacher Weg ein. Im Halbschlaf hörte die 42-jährige Mutter das Knarren einer Diele. Bärbel R. glaubte, dass ihre Tochter nach Hause gekommen sei. Auf dem Weg zur Küche aber stand sie plötzlich einem fremden Mann gegenüber. Oliver A. stach erst auf Bärbel R., dann im Schlafzimmer auf ihren Ehemann Günter R. ein. Der 63-jährige ehemalige Bauunternehmer starb noch am Tatort, Bärbel R. drei Monate später.

Staatsanwaltschaft und Nebenklage gehen von einem Doppelmord aus. Oliver A. habe das Ehepaar als Zeugen seines Einbruchs ausschalten wollen. Sie forderten die Höchststrafe: lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung. Sie zogen nach dem ersten Urteil vor den BGH. Der 5. Senat hob es auf und gab einen deutlichen Hinweis auf das Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht. Die Bundesrichter kritisierten zudem die Milderung der Strafe wegen verminderter Schuldfähigkeit. Oliver A. habe schließlich gewusst, dass er unter Alkohol zu Straftaten neige.

Mit 20 hatte er im Vollrausch ältere Leute angegriffen. Mit 25 erschlug er volltrunken einen Zechkumpan und bekam dafür viereinhalb Jahre Haft. Nach drei Jahren im Maßregelvollzug und einer Therapie kam er auf Bewährung frei. Im Prozess um den Tod des Ehepaares hatte sich Oliver A., der eine Schlosserlehre nie beendet und von Sozialhilfe gelebt hat, auf seine rauschbedingten Erinnerungslücken berufen. K.G.

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