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Vater auf der Anklagebank. Der 40-Jährige (l.) muss sich wegen des Tods seiner beiden Töchter verantworten.

© dpa

Mordprozess: Kinder in Auto verbrannt: Vater bedauert die Tat

Ein Mann fährt mit seinen beiden Töchtern nach Brandenburg - dort passiert das Unfassbare: Die neun und zehn Jahre alten Mädchen verbrennen bei lebendigem Leib im Auto. Jetzt steht der Mann vor Gericht.

Potsdam - Es war nur ein kurzer Auftritt für Peter R. am gestrigen Dienstag vor der großen Schwurgerichtskammer des Landgerichts Potsdam. Mit zitternder Hand verbarg der 40-jährige Däne sein Gesicht vor den Kameras. Fast sechs Monate sind vergangen, seit seine Töchter Line Sofie (9) und Marlene Marie (10) aus dem dänischen Badeort Öster Hurup qualvoll auf der Rückbank seines Autos starben und R. selbst in Untersuchungshaft sitzt. Er ist wegen zweifachen Mordes angeklagt. Wie Staatsanwalt Peter Petersen sagte, soll R. die beiden Mädchen im August 2011 in einem Wald bei Börnicke (Havelland) erst mit einem Schlafmittel betäubt, dann den Wagen mit Benzin übergossen und angezündet haben. Die Mädchen starben an den Folgen einer Rauchgasvergiftung und Verbrennungen vierten Grades. R. wolle sich umfassend zu den Vorwürfen äußern, kündigte sein Anwalt Thomas Arndt an. „Er bedauert die Tat“, sagte er. Weil aber eine Richterin erkrankt ist, wurde der Prozess nach wenigen Minuten unterbrochen.

Der Däne kann sich nun erst am 1. März äußern. Doch sein Anwalt zeichnete bereits vor dem Gerichtssaal ein Bild von den Hintergründen der Tat. Zweifellos geht es um ein Familiendrama, das in dem Wald in der Nähe des Autobahndreiecks Havelland ein grausames Ende fand.

Ausgangspunkt war vor zwei Jahren die Trennung von seiner Frau. Mit ihr und den Kindern lebte der gelernte Landwirt bis dahin auf einem Bauernhof in Öster Hurup. Ein Gericht sprach ihm die Kinder zu. R. versuchte einen beruflichen Neustart, wollte umsatteln, umziehen, Berufsschullehrer werden, geriet aber in finanzielle Probleme und wurde wegen einer Depression psychologisch behandelt. Schließlich – wenige Wochen vor der Tat – stellte seine Ex-Frau einen Sorgerechtsantrag bei den örtlichen Jugendbehörden, die Kinder kamen vorläufig zu ihr, ein Gerichtsbeschluss stand noch aus. „Es ist viel zusammengebrochen in seinem Leben“, sagte der Anwalt.

Peter R. verbrachte dann im August 2011 einen Tag mit seinen Kindern in einer Indoor-Skihalle bei Hamburg, eher zufällig, wie sein Anwalt sagte. Es hätte auch ein Spaßbad in Dänemark sein können. Der 40-Jährige fasste den tragischen Entschluss, „sich selbst umzubringen und seine Mädchen mit in den Tod zu nehmen“. In den Flammen sei sein Überlebensinstinkt jedoch größer gewesen, sagt der Anwalt. R. flüchtete aus dem Auto und erlitt schwere Verletzungen an Kopf und Händen. Die Kinder waren nicht mehr zu retten, das brennende Auto war laut Anwalt eine einzige „Feuerwand“.

Arndt skizzierte damit auch seine Verteidigungsstrategie. Es sei fraglich, in welcher Form sein Mandant „dafür zur Verantwortung zu ziehen ist“. Für den Prozess werden der mutmaßliche Selbstmordversuch und der psychische Zustand zur Tatzeit den Ausschlag geben. Die Staatsanwaltschaft bezweifelt die Selbstmordthese. Eine Gutachterin hat Peter R. zudem als schuldfähig eingestuft. Verteidiger Arndt schloss nicht aus, ein Gegengutachten zu beantragen.

Die Mutter der beiden Mädchen tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Sie soll am 22. März als Zeugin vor Gericht aussagen. Gestern hatte sie noch nicht die Kraft, ihrem Ex-Mann gegenüberzusitzen. „Es geht ihr sehr schlecht“, sagte der Anwalt der Lehrerin, Matthias Schöneburg. „Es gibt keine Worte dafür.“ Schöneburg sieht Anhaltspunkte, dass R. die Tat genau geplant hat. Er forderte eine lebenslange Haftstrafe.

Zum Prozess, für den bis Ende Mai mehr als zehn Verhandlungstage angesetzt sind, hat das Gericht fast 30 Zeugen geladen, rund ein Dutzend aus Dänemark wie Verwandte, Freunde und den Psychotherapeuten des Angeklagten.

R. war am 12. August verletzt und verwirrt an der Autobahn 24 aufgegriffen worden. Polizisten fanden die verkohlten Leichen der Kinder, die später in Dänemark gemeinsam in einem Sarg beerdigt wurden. Der Däne sprach anfangs von einem Unfall, die Wende in den Ermittlungen brachte der Fund von Schlafmitteln bei der Untersuchung der Leichen.

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