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Berlin: Motten raus!

Von Bernd Matthies Unschön, das alles. Mit Bertolt Brecht ließe sich sogar problemlos die Frage formulieren, was das denn für Zeiten sind, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Überschwemmungen einschließt.

Von Bernd Matthies

Unschön, das alles. Mit Bertolt Brecht ließe sich sogar problemlos die Frage formulieren, was das denn für Zeiten sind, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Überschwemmungen einschließt. Die Bäume nämlich, sofern sie nicht im Orkan spektakulär umfallen, haben sich unserer Aufmerksamkeit in letzter Zeit mehr und mehr entzogen, vermutlich deshalb, weil der saure Regen aus der Mode gekommen ist - und weil das Treiben der Rosskastanien-Miniermotte eines jener Phänomene darstellt, die wir auch mit allergrößter Mühe weder dem rot-dunkelroten Ungeist noch den Versäumnissen aus Jahrzehnten der Kohl-Regierung und schon gar nicht George Bush und der Globalisierung anlasten können. Es handelt sich schlicht um eine wahlkampfuntaugliche Laune der Natur an sich.

Allerdings eine, die uns ziemlich nahe geht. Denn die Kastanienbäume prägen das Berliner Straßenbild und viele Parks der Stadt, und die Kastanien selbst, hübsch poliert, sind ein Kinderzimmer-Klassiker, jedenfalls waren sie es bis zur Einführung der Computerspiele. Bislang werden die Bäume vorzeitig welk, bald werden sie wohl einfach absterben und gefällt werden müssen. Die Zeit ist absehbar, dass die zahlreichen Berliner Straßen mit der Kastanie im n an eine fremde, fast vergessene Pflanze erinnern.

Wollen wir das? Das wollen wir nicht. Und feuern deshalb die Wissenschaftler an, zügig etwas zu entwickeln, etwas Giftiges, gern auch ganz leicht Gentechnologisches, ein Mittel, das den blöden Motten zeigt, dass wir sie ganz und gar entbehrlich finden. Wenn sie dann verschwunden sind und die Kastanien wieder rank und grün herumstehen – dann besinnen wir uns gern wieder auf unser ökologisches Bewusstsein.

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