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Ablage B. Der Bürgersteig dient in einigen Vierteln der Stadt wie selbstverständlich als Müllplatz.

© imago/Jürgen Ritter

Müll in Berlin: Sagen wir dem Schmutz endlich den Kampf an!

Berlin braucht scharfe Kontrollen, flexible Reinigungen und kostenlose Sperrmüll-Touren. Ein Weckruf.

Sind Sie heute auf dem Weg zur U-Bahn über eine alte Matratze gestolpert? Oder in einen Hundehaufen getreten? Sehen Sie im Park das Gras nicht vor lauter Müll? Dann geht es Ihnen wie vielen Berlinerinnen und Berlinern. Unsere Stadt scheint im Schmutz und Müll zu versinken.

In den letzten fünf Jahren hat die BSR mehr als 100 000 Kubikmeter Sperrmüll von den Straßen geholt. Es gibt viele Müll-Brennpunkte in unserer Stadt: Zum Beispiel die Wiener Straße in Kreuzberg, im Lichtenberger Fennpfuhl und rund um den Rudolph-Wilde-Park in Schöneberg.

Viele Berlinerinnen und Berliner klagen mir ihr Leid mit dem Müll. Anwohner schicken Bilder von Sofas, Kühlschränken und Duschkabinen, die einfach so tagelang auf der Straße liegen. Die Neuköllner Warthestraße wird als Rattenparadies empfunden. Manchen ist es peinlich, Besuch aus anderen Städten zu empfangen. Ihre Wohnstraße wollen sie Freunden nicht zumuten. Viele fühlen sich hilflos. Es dauert zu lange, bis der Müll beseitigt wird.

Das Berliner Müll-Problem hat viele Ursachen: Dazu zählt, dass Wohnstraßen in sozialen Brennpunkten seltener gereinigt werden als Villen-Viertel und Pracht-Boulevards. Viele haben kein Auto, um Sperrmüll zum kostenlosen BSR-Recyclinghof zu bringen. Nicht jeder hat das Geld, um einen Mietwagen oder die BSR für die Abholung des Sperrmülls zu bezahlen. Firmen pfeifen auf die hohen Entsorgungskosten für Sondermüll und laden das Zeug irgendwo ab. Der unterwegs achtlos weggeworfene Müll und die liegengelassenen Hundehaufen runden das Bild ab. Faulheit und Desinteresse, im Großen wie im Kleinen, sind die Hauptursache für den vielen Schmutz in unserer Stadt.

Die Politik und die Verwaltung machen es zusätzlich kompliziert: Für die Reinigung von Parks sind die Bezirke zuständig. Automatische Sperrmüll-Touren der BSR gibt es nicht. Stattdessen müssen die Ordnungsämter jeden einzelnen Haufen der BSR zur Abholung melden. Das ist bürokratischer Irrsinn. Außerdem werden die Straßen nicht nach Bedarf gereinigt, sondern unterliegen einzelnen Reinigungsklassen. Oft werden einzelne Abschnitte einer Straße unterschiedlich häufig gereinigt – eine Wissenschaft für sich.

In den vergangenen Jahren hat sich einiges getan: Die BSR reinigt jetzt einige Parks. Die Kotbeutel sind Pflicht für Hundebesitzer. Es gibt das Online-Ordnungsamt mit Handy-App, mit der voriges Jahr 27 000 Sperrmüll-Haufen an die Ordnungsämter gemeldet wurden.

Aber das reicht nicht. Es ist an der Zeit, dem Müll endlich den Kampf anzusagen. Das kostet Geld, sollte uns aber ein sauberes Berlin wert sein: Die BSR muss häufiger prüfen, ob die Straßenreinigung wirkt – und vor allem flexibler gestalten. Es darf keinen Unterschied geben, ob eine Straße in einem Brennpunkt oder in einer Einfamilienhaus-Siedlung liegt. Berlin sollte kostenlose Sperrmüll-Touren einführen, damit der Müll erst gar nicht auf der Straße landet. Außerdem sollte die BSR alle Parks reinigen. Die Kotbeutel-Pflicht muss von den Ordnungsämtern durchgesetzt werden. Wir brauchen mehr Mülleimer in unseren Straßen und eine „Müll-Polizei“, die diejenigen identifiziert, die unsere Stadt verschmutzen. Ich finde auch, dass die, die sich nicht an Gesetze halten, härter bestraft werden müssen.

Und natürlich muss jeder von uns seinen eigenen Beitrag leisten, unsere Stadt sauberzuhalten. Wir alle tragen Verantwortung für unsere Kieze. Hamburg und Wien machen es vor: Eine Großstadt kann den Kampf gegen den Müll gewinnen.

Joschka Langenbrinck sitzt als direkt gewählter SPD-Abgeordneter für Neukölln im Berliner Abgeordnetenhaus.Er ist 32 Jahre alt.

Joschka Langenbrinck

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