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Berlin: Multikulturelle Offensive

SPD, PDS und Grüne wollen auf Parteitagen neue Konzepte für die Integrationspolitik beschließen

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Jene 450 000 Menschen, die aus 182 Ländern nach Berlin gekommen sind, sollten als Chance für die Stadt und nicht als Ballast empfunden werden. Darin sind sich SPD, PDS und Grüne einig. Alle drei Parteien wollen demnächst Konzepte für eine neue Integrationspolitik vorlegen. „Wer sich die multikulturelle Gesellschaft als immer währenden Karneval vorgestellt hat, wurde von der Realität eines Besseren belehrt“, schrieb der Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann in der Parteizeitung „Stachelige Argumente“. Aber die Probleme seien nicht mit einer „populistischen, konservativen Abschottungsrhetorik“ zu lösen.

Den Anfang macht die PDS mit einem Landesparteitag am 30. April. Dort sollen „Strategien für eine soziale und solidarische Stadtgesellschaft“ beschlossen werden. Die Zuwanderer bräuchten gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Beruf, Studium und Arbeitsmarkt, wird im Antrag des Landesvorstands gefordert. Mehrsprachigkeit und Interkulturalität müssten gefördert werden. Die PDS will das Quartiersmanagement in den Problemkiezen durch ein „flächendeckendes Stadtteilmanagement“ ablösen und diverse Förderprogramme des Senats in einem Fonds „Soziale Stadt“ konzentrieren. Außerdem müssten kleine Unternehmer „mit Migrationshindergrund“ stärker unterstützt werden.

Die Grünen werden am 11. Juni über die „Chancen für Vielfalt, Integration und Teilhabe in Berlin“ auf einer Landesdelegiertenkonferenz beraten. Mehr Sprachförderung, ein kostenloses Kita-Jahr und Schulklassen mit „höchstens 25 Prozent Migrantenanteil“ – das sind Forderungen der Grünen, die auch zum Standardkatalog der Koalitionsparteien SPD und PDS gehören. Darüber hinaus wollen die Grünen die wirtschaftliche Basis der Zuwanderer stärken. Denn in Berlin werden 15 000 Betriebe von Unternehmern aus 125 Ländern geführt. In Berlin boome nicht nur die türkische, sondern auch die asiatische Ökonomie, sagt Joel Cruz, der die Grünen-Arbeitsgruppe „Migration“ leitet. Aber die Politik schenke der „interkulturellen Wirtschaft“ kaum Aufmerksamkeit.

Auch das Quartiersmanagement in den städtischen Problemregionen wollen die Grünen „neu ausrichten“, die Situation der Flüchtlinge verbessern und die öffentliche Verwaltung den Zuwanderern öffnen. Noch werden die Antragspapiere intensiv diskutiert. Dabei hat der Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg eine gewisse Vorreiterrolle. So wie in der SPD.

Die linken Genossen aus dem multikulturellen Innenstadtbezirk stießen bereits 2004 mit „Eckpunkten für ein Berliner Integrationskonzept“ die Diskussion im SPD-Landesverband an. Herausgekommen ist, wie berichtet, ein Leitantrag „für eine demokratische und soziale Stadtpolitik“, der vom SPD-Landesparteitag am 18. Juni beschlossen werden soll. Ähnlich wie die PDS wollen die Sozialdemokraten das Quartiersmanagement „auf weitere Stadtquartiere übertragen“. Initiativen und Vereine, Kleinunternehmen, Wohlfahrtsverbände und Kirchen sollten mithelfen, die Quartiere aufzuwerten und zu stabilisieren. Die vielen Zuwanderer, die in solchen Kiezen leben, müssten „gleichberechtigt behandelt und die kulturellen Unterschiede als Bereicherung anerkannt“ werden. Dies setze aber „ein Mindestmaß an Integrationsbereitschaft“ und gegenseitige Toleranz voraus.

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