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Berlin: Museumsinsel: Mit Hermes in der Underground-Bar

Der Olymp riecht nach feuchtem Beton. Heizungsrohre durchziehen den Sitz der Götter, an den Wänden lehnen verstaubte Plastiken aus Ägypten und antike Friese.

Der Olymp riecht nach feuchtem Beton. Heizungsrohre durchziehen den Sitz der Götter, an den Wänden lehnen verstaubte Plastiken aus Ägypten und antike Friese. Dazwischen huschen in goldenen Gewändern Hermes, Aphrodite und ihre göttlichen Mitstreiter hin und her. Sie deklamieren Texte von Homer und Goethe, tauchen unvermittelt aus dunklen Lüftungsschächten auf und verwandeln die grauen Kellergewölbe in eine himmlische Spielwiese. So sieht es also aus, wenn "Olympia unter Grund" geht. Mit dieser Collage im Keller des Pergamonmuseums wird heute das Kulturprogramm "Götterleuchten" auf der Museumsinsel eröffnet. Es ist eine doppelte Premiere: Erstmals sind diese Räume für die Öffentlichkeit zugänglich.

"Als ich das erste Mal hier unten war, habe ich mich sofort in den Keller verliebt", erzählt Regisseur Matthias Merkle. Die weit verzweigten Räume, die den Sammlungen des Pergamonmuseums als Depot dienen und nach dem Umbau einer "archäologischen Promenade" weichen sollen, waren genau der richtige Ort für sein neues Projekt: Eine Collage aus antiken und neueren Texten über die Lebenslust der griechischen Götter. Als die Anfrage kam, ob er und seine Dramaturgin Antje Borchardt das Stück beim Kulturfestival auf der Museumsinsel aufführen wollten, war Merkle begeistert. "Das Pergamon ist das einzige Museum, in das ich regelmäßig gehe", sagt der 31-Jährige. "In den Eingeweiden dieses Hauses zu inszenieren, ist etwas ganz Besonderes."

Während der Proben in den vergangenen Wochen wurde die Geduld von Merkle, Borchardt und der 15-köpfigen Truppe ihres "Dramatischen Theaters" immer wieder auf die Probe gestellt. Denn der Keller des Pergamonmuseums ist derzeit eine Baustelle. "Ständig wuselten Bauarbeiter und Vermesser um uns herum", sagt Merkle. Für die Besucher dieses ungewöhnlichen Theaterabends hat sich die Mühe gelohnt. Nach der Begrüßung im Vortragssaal des Museums tauchen sie ein in eine sonst für Außenstehende verschlossene Welt.

Durch ein Labyrinth dunkler Kellergänge gelangt man in ein paar spartanisch dekorierte Räume, in denen das Leben tobt. Während sich unter einem Gewölbe Aphrodite lustvoll einem Bade hingibt, trainieren im Nebenraum Ares und Athene für einen bevorstehenden Kampf - vor der Kulisse alter Heizungsturbinen. Die sieben Schauspieler bespielen eine Handvoll Räume gleichzeitig. Eine stringente Handlung gibt es nicht, stattdessen viele bunte Momentaufnahmen. Zwischendurch betrinken sich die alten Griechen an der improvisierten Kellerbar und lassen ihren Lüsten freien Lauf.

Als Zuschauer, der zwischen den himmlischen Kellergeistern umherspaziert, fühlt man sich bald ein wenig wie in einer Underground-Bar für Götter. Das ist es wohl, was Regisseur Merkle meint, wenn er zeigen will, "wie lebenslustig die griechischen Götter sind." Wer sich am Schluss hat anstecken lassen, kann seine Lebenslust nebenan ausleben. Merkle und sein Team haben ein Boot gechartert, auf dem man etwas trinken und den Frühlingsabend genießen kann. Auch dabei hatten offenbar die Götter die Hand im Spiel: Das Boot heißt "Frohsinn".

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