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Berlin: Music Box: Schlussakkord vor vollem Haus

Eine letzte Tauchfahrt mit der "Yellow Submarine", ein letztes vom Besucher dirigiertes Konzert des Philharmonischen Orchesters. Dann ist Schluss.

Eine letzte Tauchfahrt mit der "Yellow Submarine", ein letztes vom Besucher dirigiertes Konzert des Philharmonischen Orchesters. Dann ist Schluss. Am heutigen Mittwoch um 20 Uhr schließt die Music Box im Sony Center endgültig - offenbar auch, weil sie unrentabel war. Der japanische Konzern will eine neue Verwendung für seinen Unterhaltungskeller am Potsdamer Platz finden. Schon bald soll eine neue Attraktion die Music Box ersetzen, wie Sony-Sprecherin Karin Püttmann sagt. Am Konzept des Sony Centers soll es aber keine Änderungen geben. Der "Sony Style Store", die Restaurants und das Filmhaus laufen nach Püttmanns Angaben "sehr gut". Das gelte auch für das Cinestar-Kino. Dessen Chefin hatte kürzlich gesagt, das Geschäft laufe "nicht perfekt".

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Untergangsstimmung? Bei den Besuchern der Music Box war davon in den Tagen vor der Schließung nicht viel zu spüren - im Gegenteil. "Jetzt, wo alle Medien über das baldige Ende der Sony Music Box berichten, brummt der Laden", sagt ein älterer Herr, der sich das interaktive Museum schon öfter angeschaut hat. Und in der Tat: Seit Sony die Schließung in der vergangenen Woche angekündigt hat, sind die Besucherzahlen in die Höhe geschnellt: Allein am vergangenen Sonntag wollten etwa 1500 Menschen die 17 Attraktionen rund um das Thema Musik sehen. Vor dem nachgebauten U-Boot "Yellow Submarine", in dem die Besucher eine Kurzversion des Beatles-Zeichentrickfilms sehen können, bildete sich eine riesige Schlange - eine Stunde anstehen für 15 Minuten Show.

Nur ein Viertel der erhofften Besucher

Es sind vor allem Kinder, die offensichtlich einen Riesenspaß haben. Wo sonst dürfen sie - nicht nur ungestraft, sondern sogar erwünscht - hemmungslos Krach machen? Doch trotz des Andrangs ist die Entscheidung des Sony-Managements endgültig: Heute wird der letzte Takt für die Music Box geschlagen. Wenn auch nicht offiziell zugegeben, so sind nach Meinung von Branchenkennern die unerwartet niedrigen Besucherzahlen einer der Gründe, dass die Music-Box verstummen muss. Von den anfangs erwarteten 600 000 zahlenden Gästen im Jahr kamen nach Sony-Angaben gerade mal ein Viertel. Generell stehen die Besucherzahlen des Sony Centers hinter denen der Konkurrenz zurück. Nur etwa jeder Zehnte der rund 90 000 Menschen, die den Potsdamer Platz an einem Durchschnittstag besuchen, geht auch ins Sony Center, sagt Sprecherin Püttmann. An Wochenenden steige diese Zahl auf 20 000.

Bei DaimlerChrysler gleich gegenüber dem Sony-Center dagegen strömen nach Unternehmensangaben im Schnitt an jedem Wochentag 70 000 Besucher auf das Gelände, an Wochenenden und Feiertagen sind es sogar 100 000. "Diese Zahlen kann man nicht mit unseren vergleichen", wehrt Karin Püttmann ab. Ein gewaltiger Pluspunkt der Konkurrenz gegenüber dem Sony-Center seien nun einmal die Einzelhandels-Geschäfte in den Potsdamer-Platz-Arkaden. Einkaufen ist eine der wichtigsten Freizeitbeschäftigungen, die Einkaufslustigen bringen viel Leben auf die Straßen von DaimlerChrysler; die Entertainment-Bereiche wie Cinemaxx, IMAX oder das Musical-Theater profitieren von diesem Andrang. Denn nach dem Shopping gehen viele noch ins Kino, zocken in der Spielbank oder schauen sich "Der Glöckner von Notre Dame" an. Der Einzelhandel ist das Bindeglied zwischen den Unterhaltungsbereichen und den Büros. Im Sony-Center fehlt dieses Scharnier fast völlig.

Zu wenig Geld in die Werbung gesteckt?

Außerdem habe Sony viel zu wenig Geld in die Werbung gesteckt, meinen Branchenkenner. Nach dem Medienrummel zur Eröffnung des Entertainment-Bereichs vor einem guten Jahr sei die Music Box zu selten im Gespräch gewesen.

Dass man auch mit ungünstiger gelegenen Räumlichkeiten und weniger Geld durchaus erfolgreiche Entertainment-Konzepte auf die Beine stellen kann, beweist nach Ansicht seiner Betreiber das Hotel Estrel in Neukölln mit seiner Doppelgänger-Show "Stars in Concert". Seit zwei Jahren schreibe man schwarze Zahlen, sagt der Produzent der Show, Bernhard Groß. "Marketing ist das Wichtigste", weiß Groß und sorgt für "Special events", die seine Show wieder mal für einige Tage ins öffentliche Rampenlicht holen. "Wir sind dabei so penetrant, das wir den Berlinern fast auf die Nerven gehen." Derzeit präsentiert "Stars in Concert" ein Beatles-Special: "All you need is love". Der Erfolg gibt ihm Recht. Die ehemalige Speditionshalle bietet auf 1200 Quadratmetern etwa 800 Besuchern Platz. "Unsere Show wird von den Künstlern getragen, nicht von teurer Technik." Vielleicht ist das ja eine Anregung für die Manager des Sony-Centers: eine Personality-Show statt teurer Unterhaltungsgeräte. Aber: "Die kreativen Köpfe sitzen nicht unbedingt immer bei den großen Unterhaltungskonzernen", meint Groß.

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