zum Hauptinhalt
Hauptsache Feiern. „Lollapalooza“ ist ein Festival für Innenstädte, sagen die Macher. Der Treptower Park sei die ideale Lösung.

© Britta Pedersen/dpa

Musik-Festival in Berlin: Lollapalooza belegt 70 Prozent des Treptower Parks

Die Chefin des Lollapalooza-Festivals hofft, dass auch die Kritiker bald Festival-Fans werden. Eine Online-Petition gegen das Festival im Park hat aber schon 1900 Unterstützer.

Intern sagen sie nur „Lolla“ zu ihrem Festival, es klingt wie ein Kosename für eine Astrid-Lindgren-Figur. Und so voller Enthusiasmus und Zuneigung für ihre (oder ihr) Lollapalooza klingt Festivalchefin Fruzsina Szép. Sie hoffe, dass Anwohner und Verantwortliche aus dem Bezirk von diesem Lolla-Gefühl angesteckt werden und nach der Premiere im Treptower Park ein wenig Stolz empfinden, Gastgeber gewesen zu sein.

Danach sieht es derzeit allerdings nicht aus. Auf change.org steigt die Zahl der ablehnenden Stimmen zu dem Projekt weiter an, bis Mittwochabend waren es rund 1900. Die Linkspartei in Treptow-Köpenick hat eine große Anfrage ans Bezirksamt gestellt, darin geht es um Lärmbelästigung und die Dauer der Park-Sperrungen.

Zentraler Festplatz war keine Alternative

Die Kritiker befürchten, dass Pflanzen und Tiere im Park geschädigt werden. Das Lollapalooza möge doch bitte den Zentralen Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm nutzen. Dort laufen regelmäßig Volksfeste mit großem Rummel, mit dem Lolla-Spirit ist das nur schwer kompatibel. „Das Gelände ist immer Teil des Festivals“, sagt Szép. Der Flughafen Tempelhof – im vergangenen Jahr Lolla-Standort – war eine inspirierende Kulisse, der Treptower Park hat mit dem sowjetischen Ehrenmal, Sternwarte, Platanenallee und Rosengarten eine ähnlich starke Aura. „Alle Lollas sind innerstädtische Festivals“, sagt Szép. Neben Berlin gibt es das Festival in Chicago, Santiago de Chile, Sao Paulo, Brasilien, und Buenos Aires, Argentinien.

Das letzte große Festival im Treptower Park war das Popkick zur Fußball-WM 2006. Damals war der Park vier Wochen lang gesperrt. Insgesamt kamen rund 200 000 Besucher zu den Konzerten und vor den Public-Viewing-Leinwänden. Schon im Vorfeld hatte eine Anwohner- Initiative gegen die Kommerzialisierung des Parks protestiert und „Schäden an der hochwertigen Natur“ moniert. Die Veranstalter mussten 135 000 Euro hinterlegen. Der entstandene Schaden war schließlich weitaus geringer. Nach Angaben des Bezirksamtes Treptow-Köpenick kostete die Reparatur der Grünflächen 28 500 Euro.

Kings of Leon und Radiohead kommen

Das Lollapalooza belegt den Park zwei Tage lang, am 10. und 11. September. 45 000 Besucher sollen sich nach Angaben von Szép auf einer Fläche von 250 000 Quadratmetern tummeln, das entspricht 35 Fußballfeldern. „Wir werden rund 60 bis 70 Prozent des Parks nutzen“ – eine riesige Fläche. Das Festival besteht eben nicht nur aus vier Bühnen mit international bekannten Bands wie Kings of Leon, Radiohead und Bilderbuch. Die ganze Familie soll sich amüsieren, deshalb gibt es einen eigenen Bereich für Kinder. Startups und NGOs können sich im „grünen Kiez“ präsentieren und Workshops anbieten. Öko-Kunst wird gezeigt, außerdem gibt es veganes und vegetarisches Essen, serviert im „Kiezgarten“.

Die Festivalchefin Fruzsina Szép. Sie hatte schon das erste Berliner Lolla-Festival auf dem Tempelhofer Flughafen organisiert.
Die Festivalchefin Fruzsina Szép. Sie hatte schon das erste Berliner Lolla-Festival auf dem Tempelhofer Flughafen organisiert.

© Stephanie von Becker

Ein politisch korrektes Festival zum Rundum-Wohlfühlen, so präsentiert sich das Lollapalooza. Natürlich geht es auch ums Geldverdienen. Der Eintritt kostet für beide Tage 139 Euro, Kinder bis 10 Jahre zahlen nichts, die älteren 19 Euro. Der Kartenverkauf läuft schon seit Monaten. Für den Berlin-Tourismus ist jedes große Festival eine tolle Sache, deshalb hat sich die Senatskanzlei mit seiner Kulturabteilung mächtig reingehängt in die Suche nach einem Ersatzstandort. Das Lolla-Team hatte mehrfach das Tempelhofer Feld in die Debatte geworfen, schließlich wäre das gleich nebenan und doch weit genug entfernt von den Flüchtlingen in den Hangars. Die Antwort sein ein klares Nein gewesen, sagt Szép.

Bleibt es bei einer einmaligen Ausnahme?

Der Vorschlag Treptower Park sei ebenfalls aus dem Lolla-Team gekommen, eine „ideale Lösung“, findet die Festival-Chefin. Die Senatskanzlei fragte beim Bezirk an, der gab schließlich grünes Licht. „Eine schwierige Entscheidung“, sagt Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD). Man habe nicht gleich Hurra gerufen, verstehe aber das übergeordnete gesamtstädtische Interesse. Eine einmalige Ausnahme soll es sein, betonen Bezirksamt und Veranstalter, und doch hoffen die Lolla-Macher insgeheim, dass nach einem erfolgreichen Festival ohne Unfälle und größere Blessuren im Park eine Wiederholung 2017 möglich ist. Denn das Tempelhofer Vorfeld wird wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren weiter für Flüchtlinge reserviert bleiben.

In Verhandlungen mit dem Bezirksamt und der Verkehrslenkung soll nun ein genauer Plan ausgearbeitet werden, wann welche Flächen im Park in Beschlag genommen werden und wie lange die Puschkinallee gesperrt bleibt. „Wir wollen schrittweise Flächen abzäunen“, sagt Szép. Bestimmte Rasenflächen würden zu ihrem Schutz abgedeckt. Weil das Festival überwiegend tagsüber läuft, von 11 bis 23 Uhr, müsste nur für die letzte Stunde eine Lärmschutz-Ausnahmegenehmigung beantragt werden.

Mit Festivals in Stadtparks kenne sie sich aus, sagt Szép. Zuletzt hat sie in Budapest das Sziget-Festival betreut.

Zur Startseite