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"Auf nach Berlin" steht auf Russisch auf der Fahne von Mark aus Russland, der am 8. Mai 2015, zum 70. Jahrestag des Kriegsendes, mit seinen Eltern zum sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park gekommen ist.

© Pilick/dpa

Musikfestival in Berlin: Moskau findet das Lollapalooza taktlos

Um das Lollapalooza-Musikfestival im Treptower Park gibt es diplomatische Verstimmung: Zu nahe am sowjetischen Ehrenmal, meinen acht GUS-Botschafter.

Bei der Online-Petition gegen das Lollapalooza-Festival, die Mitte Februar auf Change.org gestartet worden war, haben sich bis Dienstag 4905 Personen beteiligt. Rein theoretisch könnten darunter auch die Botschafter von acht Staaten auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion sein, doch wählen die in der Regel eher diplomatische Mittel.

Beispielsweise einen Brief, der an den Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Oliver Igel (SPD), und in Kopie an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) sowie Innensenator Frank Henkel (CDU) gesandt wurde. Die Vertreter Russlands, der Ukraine, Armeniens, Aserbeidschans, Kasachstans, Kirgisiens, Moldaus, Tadschikistans, Turkmenistans, Usbekistans und Weißrusslands taten darin vor einigen Wochen erhebliche Bedenken gegen das Festival kund.

„Die Durchführung einer Konzertveranstaltung solcher Art und Dimension in unmittelbarer Nähe zum sowjetischen Ehrenmal, das auch eine Friedhofstätte ist, wo 7500 Sowjetsoldaten, die die Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus mit ihrem Leben bezahlt hatten, ruhen, halten wir als absolut unangemessen und inakzeptabel sowie störend für die Ehre und Andenken an die Gefallenen.“ Man bitte darum, sich dafür einzusetzen, dass für das Festival ein besser geeigneter Ort gefunden werde.

45.000 Besucher erwartet - und Bands wie Radiohead und Kings of Leon

Ein schon deswegen ungewöhnlicher Vorgang, da sich zu der gemeinsamen Protestnote die Vertreter von acht Staaten zusammengefunden haben, die sonst, zurückhaltend formuliert, nicht immer harmonisch an einem Strang ziehen. Aber es geht ihnen eben um die gemeinsame Vergangenheit, nicht Gegenwart und Zukunft. Und da Massenfeste in Berlin schon mal aus dem Ruder laufen können wie das MyFest des Vorjahres, scheinen die Bedenken zumindest verständlich. Festivalbesucher, die sich in den Anlagen des Ehrenmals erleichtern, sollten nun wirklich nicht sein.

Das Festival sollte ursprünglich wie im Vorjahr auf dem Flughafen Tempelhof stattfinden, was nun aber durch die dort untergebrachten Flüchtlinge nicht mehr möglich ist. Nun soll es am 10. und 11. September im Treptower Park steigen, auf 70 Prozent des Areals. Lollapalooza-Chefin Fruzsina Szép erwartet rund 45.000 Besucher. Auf vier Bühnen sollen Bands und Musiker wie Radiohead, die Kings of Leon und Paul Kalkbrenner auftreten, dazu gibt es Artistik, Kunst und natürlich ausreichend zu essen und zu trinken.

Nicht das erste Mal eine Großveranstaltung im Treptower Park

Bezirksbürgermeister Igel hat die Klärung des Vorgangs zwar der Senatskanzlei überlassen, angesichts der außenpolitischen Dimensionen sei er ja wirklich nicht zuständig. Ansonsten aber teilt er die Bedenken der Botschafter nicht. Das Areal des Ehrenmals werde selbstverständlich nicht zur Veranstaltungsfläche gehören, zudem werde man vom Veranstalter entsprechende Sicherheitsmaßnahmen verlangen, damit eine Störung der Würde des Ortes ausgeschlossen sei. Igel verwies auch auf die lange Tradition des Treptower Parks als Ort für solche Veranstaltungen. Schon zu DDR-Zeiten sei dort gefeiert worden, anlässlich der Weltfestspiele der Jugend bis hin zum Dylan-Konzert 1987. Bei der Popkick zur Fußball-WM 2006 war der Park vier Wochen lang gesperrt. 200.000 Besucher kamen zu den Konzerten und Public-Viewing-Abenden, wie sie seither auf der Fanmeile auf der Straße des 17. Juni mit dem dortigen Sowjetischen Ehrenmal üblich sind.

Mit den Botschaftern habe es in der Senatskanzlei bereits ein Gespräch gegeben, sagte Igel. Wie aus Senatskreisen verlautet, gibt es auch einen Austausch mit dem Auswärtigen Amt, ein zweites Gespräch zum Sicherheitskonzept sei geplant. Offenbar liegt also weiterhin Musik in der Luft.

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