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Berlin: Mutmaßungen über Steffis Baby

Wenn eine Veranstaltung fast eine Stunde zu spät anfängt mit der Begründung, dass die wichtigen Leute noch alle im Stau stecken, ist das immer schon ein schlechtes Zeichen. Wahrscheinlich ist in solchen Fällen, dass die wichtigen Leute auch die klugen sind und beizeiten eine Kehrtwendung gemacht haben.

Wenn eine Veranstaltung fast eine Stunde zu spät anfängt mit der Begründung, dass die wichtigen Leute noch alle im Stau stecken, ist das immer schon ein schlechtes Zeichen. Wahrscheinlich ist in solchen Fällen, dass die wichtigen Leute auch die klugen sind und beizeiten eine Kehrtwendung gemacht haben. Während die klugwichtigen Leute also gemütlich zu Hause beim Abendessen sitzen, verteilen sich vereinzelte Figuren mit ausgeprägterer Leidensfähigkeit über die Sitze eines der modernen Kinos am Potsdamer Platz, um der Präsentation des Klatschlexikons von Bettlakenanalyse-Fossil Michael Graeter beizuwohnen. So mancher Spermafleck in diesem historisierenden Nachschlagewerk ist allerdings schon arg vertrocknet. Auch die Glanzzeiten vom Schah und seiner Soraya sind ja schon ein paar Jährchen vorbei. Und die rechtssicher verbrämten Mutmaßungen über die wahre Mutterschaft von Steffis Baby mögen etwas origineller sein als die sonst allseits üblichen Vaterschaftswirrungen.

Insgesamt verbreitet der Verbalschmuddel allerdings eher den Charme kleenexgepolsterter Peepshowkabinen. Eichborn-Programmchef Wolfgang Ferchl, sonst glücklicher Herr zum Beispiel über die witzigen Irrtümer-Lexika, versuchte allen Unbillen trotzend recht vergeblich, der Podiumsdiskussion ein gewisses Niveau zu verleihen. Was aber nützten schon die kritischen Fragen von TV-Moderator Cherno Jobatey und anderen danach, wer den Autor wann gefeuert hat?

Im Zweifel haben Lügen muskulöse Beine und ein paar gute Anwälte zur Hand. Ein Muss-Event für Erforscher menschlicher Wahrheiten war diese Buchvorstellung insofern wohl nicht. Einen Vorteil hatte sie indes: Angesichts der seltsam verklemmten Blüten eines glücklich überwundenen Gesellschaftsbildes fühlte man sich anschließend richtig wohl in der von den coolen Früchten der sexuellen Revolution und des lässigeren Popjournalismus auf dem People-Sektor geprägten Jetztzeit. eth

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