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Berlin: Mutter-Kind-Stiftung: Chef soll eine Million veruntreut haben

Der Geschäftsführer der Landesstiftung "Hilfe für die Familie" ist unter Verdacht geraten, eine Million Mark veruntreut zu haben. Thomas John, der Sprecher der zuständigen Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, bestätigte dem Tagesspiegel, dass es bei der Stiftung "Unregelmäßigkeiten" gegeben habe.

Der Geschäftsführer der Landesstiftung "Hilfe für die Familie" ist unter Verdacht geraten, eine Million Mark veruntreut zu haben. Thomas John, der Sprecher der zuständigen Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport, bestätigte dem Tagesspiegel, dass es bei der Stiftung "Unregelmäßigkeiten" gegeben habe. Dem Geschäftsführer sei fristlos gekündigt worden. Darüber hinaus sei Strafanzeige gestellt worden. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft werde die Vorgänge untersuchen. Die - privatrechtlich organisierte - Stiftung soll schwangere Frauen oder jungen Familien in Not unterstützen.

Nach Informationen des Tagesspiegels sollen in Verantwortung des Geschäftsführers Marcus S. eine Million Mark Stiftungsgelder an eine Immobilienfirma geflossen sein, die nicht mehr existiert. Außerdem habe S. mit der Geschäftsführerin dieser Firma einen Vertrag über Schreibarbeiten geschlossen, die mit monatlich 3500 Mark vergütet wurden. Die Frau sei aber nicht für die Stiftung tätig gewesen. Einer Mitarbeiterin von "Hilfe für die Familie" soll ein Kredit von über 80 000 Mark genehmigt worden sein.

Die Jugendverwaltung ist neben Wohlfahrtsverbänden und Kirchen im Vorstand der Stiftung vertreten. Doch der Pressesprecher des Senators wollte mit Verweis auf das Personalrecht zu den Vorwürfen nicht Stellung nehmen. Es handle sich um einen nicht "abgeschlossenen Vorgang".

Und um Vorgänge, die anscheinend erst vor kurzem aufgeflogen sind: Bei der Staatsanwaltschaft ist besagte Anzeige noch nicht im Computer vermerkt; sie kann also nicht viel älter sein als etwa zwei Wochen. Der Beschuldigte selber war am Dienstag nicht zu erreichen. Im Berliner Telefonbuch ist er nicht (mehr) zu finden. Auch die Justizverwaltung, der die Stiftungsaufsicht obliegt, war zu keiner Stellungnahme bereit, ebensowenig die Stiftung selbst.

Nach Tagesspiegel-Informationen hat die Justitzverwaltung aber bereits vor längerer Zeit versucht, S. über ein Zwangsgeld zu bewegen, die Bücher der Stiftung offenzulegen. S. soll dagegen geklagt haben. Nun sind angeblich sogar die Schlösser der Stiftung in der Exerzierstraße in Wedding ausgetauscht worden, um dem früheren Geschäftsführer den Zugang zu verwehren.

Die Stiftung "Hilfe für die Familie" erhält ihr Geld überwiegend von der Bundesstiftung "Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens". Diese wurde 1984 gegründet, um zu verhindern, dass Frauen aufgrund einer finanziellen Notlage abtreiben. Für 2001 erhielt die Landesstiftung Bundesmittel in Höhe von 10,1 Millionen Mark. Dazu kam noch eine geringe Summe aus dem Berliner Haushalt. 1999 waren das 1,6 Millionen Mark. Die Landesstiftung war zuletzt im Januar 2000 in die Kritik geraten, weil sie Asylbewerberinnen keine Unterstützung mehr gewähren wollte. Diese Entscheidung wurde Ende März 2000 wieder aufgehoben.

Holger Wild

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