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Berlin: Nach 16 Jahren: Mittes Baustadträtin nimmt ihren Hut

Dorothee Dubrau hat den Bezirk geprägt Das Image der Neinsagerin wurde sie nie los

Ihr letztes „Nein“ bereitet sie gerade vor. Der Liegenschaftsfonds wolle ein Grundstück neben dem Admiralspalast mit der Maßgabe verkaufen, es könne bis zu 34 Meter hoch gebaut werden, erklärt Dorothee Dubrau. „Natürlich werde ich das ablehnen“, sagt sie. Bis auf wenige Ausnahmen hätten sich alle an die Traufhöhe in der Friedrichstraße halten müssen: „Wie soll ich jemandem, der ein paar Grundstücke weiter auch höher bauen will, diese Höhe dann verweigern?“ Sie ist kämpferisch, bis zuletzt.

Am Donnerstag ist ihr letzter Tag. Dann wird Dorothee Dubrau, 51, am frühen Abend in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Mitte gehen, ihre Urkunde erhalten und nach Hause gehen. Über 16 Jahre als Baustadträtin von Mitte und auch von Prenzlauer Berg sind dann Geschichte. Die Antwort auf die Frage, ob ihr der Abschied schwer fällt, kommt ebenso resolut wie auf eine Anfrage, ob man in der Friedrichstraße höher bauen dürfe: „Nein.“ Vor einem Jahr habe sie sich bewusst entschieden, nicht noch einmal anzutreten: „Ich will diese Chance nutzen, etwas anderes zu machen“, sagt sie. Was das sein könnte, ist noch nicht ausgemacht. Sie denkt laut: „Gutachterin, Projektentwicklung, Wettbewerbswesen…“

Sie ist in Erinnerung als die ewige Nein-Sagerin, die nicht will, dass Unter den Linden Werbeplakate hängen, die verhindert, das Hans Wall auf seiner Firmenzentrale Leuchtbuchstaben aufstellt, und sich weigert, Genehmigungen für den Wurstverkauf vorm Brandenburger Tor zu erteilen. Ein ungerechtes Image, findet sie: „Wir erteilen jedes Jahr über 1000 Baugenehmigungen.“

An anderer Stelle aber passt es, und sie wehrt sich nicht dagegen: Sie hat verhindert, dass in der Spandauer Vorstadt vor lauter Kneipen niemand mehr wohnen kann. Das Karree zwischen Hackeschem Markt und Torstraße ist für sie ein innerstädtisches Wohngebiet – bis heute. „Wenn das zu einem Dienstleistungsgebiet wird, hat es keine Chance mehr.“ Deshalb engagierte sie sich vehement für den Lärmschutz der Anwohner und setzte illegalen Clubs die Pistole auf die Brust. Im Bezirksamt und in der BVV war damit kein Blumentopf zu gewinnen – im Gegenteil. Keine andere Stadträtin in Berlin musste sich so oft Missbilligungs- und Abwahlanträgen stellen.

So hatte sie sich diesen Job nicht vorgestellt, damals, im Juni 1990. Die Einheit war noch nicht vollzogen, und Dorothee Dubrau saß mit ihrem Mann und ihren Söhnen am Küchentisch und diskutierte, ob sie für das Amt der Baustadträtin in Mitte kandidieren solle. Tags darauf war die Wahl, zwei Tage später saß sie das erste Mal in ihrem neuen Büro, mit Schnapsglasvitrine und ausklappbarem Bartresen in der Schrankwand.

Lange Zeit zum Eingewöhnen war nicht: „Während das Stadtforum diskutierte, wie schön alles wird, haben wir die Baugenehmigung erteilt.“ Auch die Rolle von Senatsbaudirektor Hans Stimmann hängt sie tief: „Stimmann hat immer geredet, gemacht haben wir.“ Der wiederum gibt sich bei der Würdigung Dubraus zurückhaltend. Er sagt: „Sie hat Schlimmeres verhindert.“ Knüppeldick kam es, als sie über die Kulturbrauerei entscheiden musste. Ihren Kurs, ein großes Kino zu verhindern, verstand niemand, Morddrohungen waren die Folge.

Hat sie die Entscheidung für das Amt je bereut? Ihre Antwort ist, na klar: „Nein.“

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