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Im Bezirksamt Pankow müssen bald fünf Parteien miteinander auskommen.

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Nach dem AfD-Erfolg: Zurück zum politischen Bezirksamt

Mit dem Spandauer Helmut Kleebank (SPD) fordert der erste Bürgermeister wegen der AfD eine Änderung der Verfassung.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Einen Tag nach der Wahl fordert der Spandauer Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD), dass die Bezirksämter künftig durch politische Mehrheiten besetzt werden. Eine entsprechende Änderung der Berliner Verfassung sollte vom Abgeordnetenhaus möglichst schnell entschieden werden, sagte Kleebank dem Tagesspiegel. Wirksam würde dies allerdings erst mit der nächsten Wahlperiode.

Seit 1971 werden in Berlin, vor dem Mauerfall nur im Westen der Stadt, alle Posten im Bezirksamt nach der Stärke der Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) verteilt. Dieses Proporzsystem wurde immer wieder diskutiert, auch infrage gestellt, aber es blieb erhalten. Die letzte Initiative für „politische Bezirksämter“ wurde 2009 gestoppt. Damals sprach sich die SPD auf einem Parteitag dagegen aus. Seitdem forderten nur noch Grüne und FDP eine Verfassungsänderung, um den Parteienproporz in den Bezirksämtern zu beenden.

Eine Ausnahme von der Regel gibt es. Seit 1992 werden die Bezirksbürgermeister von politischen Mehrheiten in der BVV (Zählgemeinschaften) gewählt. So sollten nach dem Mauerfall Bürgermeister der Linken, damals PDS, verhindert werden, was nicht gelang. Seitdem ist es so, dass die politisch gewählten Bezirksoberhäupter mit Kollegen aus anderen Parteien zwangsläufig gemeinsam Kommunalpolitik gestalten müssen. Nach der Wahl am Sonntag mit besonders bunt zusammengewürfelten Kollegialorganen.

Ohne Kooperation geht es nicht

In Pankow beispielsweise werden künftig fünf Parteien im Bezirksamt personell vertreten sein: CDU und SPD, Linke und Grüne sowie die AfD. In weiteren fünf Bezirksämtern sitzen bald Bürgermeister und Stadträte aus vier Parteien, in den übrigen Bezirken sind es drei Parteien. Sie sind zur Zusammenarbeit gezwungen. „Da ist es einfach, sich bei wichtigen Themen gegenseitig zu blockieren“, sagte Kleebank. Das habe sich schon in der Vergangenheit gezeigt, der Trend zur Blockade und kollektiven Verantwortungslosigkeit werde sich jetzt noch verschärfen. „Das ist übrigens kein AfD-Problem.“

Nach Ansicht Kleebanks sollte jedes Bezirksamt einen „gemeinsamen politischen Willen formulieren“. Und damit die Arbeit funktioniert, müssten die Fachämter in den Bezirken gut miteinander kooperieren. Bei vier oder fünf Parteien im Bezirksamt sei das fast unmöglich. Für die zwölf Berliner Bezirke, die laut Verfassung alle kommunalen Aufgaben wahrnehmen, die nicht von gesamtstädtischer Bedeutung sind, sei dies äußerst schädlich, kritisierte Kleebank. Er wolle die Diskussion um das politische Bezirksamt im Kreis der Kollegen bald besprechen.

Am Mittwoch treffen sich die sozialdemokratischen Bezirksbürgermeister, die bisher im Amt waren. Einen Tag später kommt der Rat der Bürgermeister zusammen. In beiden Sitzungen will Kleebank das Thema aufrufen. Nach Informationen des Tagesspiegels steht jeder zweite Bezirksbürgermeister einer Verfassungsänderung prinzipiell aufgeschlossen gegenüber. Es gibt aber auch zusätzliche oder alternative Forderungen – nach einer Richtlinienkompetenz für die Bürgermeister oder einem Weisungsrecht gegenüber den Stadträten. Eventuell verbunden mit einer Direktwahl der Bezirksbürgermeister.

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