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Volles Programm: Der Amri-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses am Freitag bei seiner ersten Sitzung.

© imago/Christian Ditsch

Update

Nach dem Attentat vom Breitscheidplatz: Abgeordnete suchen Antworten im Fall Amri

Hätte der Anschlag vom Breitscheidplatz verhindert werden können? Hat die Polizei Fehler gemacht? Freitag begann der Untersuchungsausschuss seine Arbeit.

Von Sabine Beikler

25 000 Seiten Akten, Dokumente, Protokolle und Gutachten wird der Amri-Untersuchungsausschuss bei Landes- und Bundesbehörden beantragen und diese in der Sommerpause sichten. Am Freitag hat sich der Ausschuss mit seinen zwölf Mitgliedern konstituiert und über 13 AfD-Beweisanträge, sechs FDP-Anträge und fünf gemeinsame Anträge von SPD, Linken, Grünen und CDU in einer nichtöffentlichen „guten, temperamentvollen und ergebnisreichen Sitzung“ beraten, sagte der Ausschussvorsitzende Burkard Dregger (CDU). Das Ergebnis der ersten Sitzung lautet im Konsens: erst Aktenstudium, dann Fragenkomplexe erarbeiten und Zeugen benennen.

Dregger warnte vor einer „politischen Instrumentalisierung“ des Ausschusses auf dem Rücken der Anschlags-Opfer und deren Angehörigen. Voreilige Schlussfolgerungen ohne Faktengrundlage sollten nicht gezogen werden. Im Grunde geht es in dem Ausschuss um die Kernfrage, ob das Attentat am 19. Dezember auf dem Breitscheidplatz mit zwölf Toten hätte vermieden werden können. Es werden auch Fragen geklärt, wer und warum möglicherweise Akten manipuliert hat, wie Sonderermittler Bruno Jost herausgefunden hatte. Die Grünen-Obfrau Canan Bayram fordert eine lückenlose Aufklärung. „Wer hat welche Versäumnisse zu verantworten?“ Die Antwort darauf schulde man den Opfern, Angehörigen und den Berlinern, die seit dem Attentat ein „anderes Gefühl von Sicherheit“ hätten. „Wir werden niemanden schonen“, sagte Bayram. Das Landeskriminalamt sei eine „große Baustelle“.

„Einiges ist nicht richtig gelaufen"

FDP-Obmann Marcel Luthe betonte, es habe durchaus „Ansätze“ gegeben gegen Amri vorzugehen. Aber wie kam das LKA zu der Einschätzung, dass von Amri keine Terrorgefahr ausging, obwohl das LKA in Nordrhein-Westfalen gänzlich anderer Auffassung war? Der Obmann der SPD–Fraktion, Frank Zimmermann, forderte, die Ergebnisse der polizeiinternen Task Force und weitere Ermittlungen des Sonderermittlers in die Fragestellungen des Untersuchungsausschusses einfließen zu lassen. Der Ausschuss habe diese Verantwortung im Interesse der Öffentlichkeit: „Die Funktionsfähigkeit des LKA und der Polizei muss betrachtet werden.“

Auch der Obmann der Linksfraktion, Hakan Tas, ist davon überzeugt, dass in den Polizeibehörden „einiges nicht richtig gelaufen ist“. Aber inwieweit sind die Landesbehörden und die zuständigen Senatsverwaltungen für Inneres und Justiz politisch mitverantwortlich? Tas und Luthe forderten bereits, Ex-Innensenator Frank Henkel (CDU) und Ex-Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) als Zeugen vorzuladen. Der Ausschuss verständigte sich darauf, auch Sachverständige zu befragen, um sich zum Beispiel das elektronische Informationssystem Poliks der Polizei genau erklären zu lassen und Rückschlüsse auf den Datenaustausch in Bezug auf Anis Amri ziehen zu können.

Um Konsens bemüht

AfD-Obmann Karsten Woldeit wiederholte seine Kritik am Zwischenbericht des Sonderermittlers Jost, der „ein Stück weit zu einseitig“ gewesen sei. Er sieht im Fall Amri „politisches Versagen“ und Versagen der Leitungen. In Berlin gebe es 70 bis 80 Gefährder, bundesweit rund 500. Wie die Sicherheitsbehörden mit diesen verfahren würde, müsse ebenfalls im Ausschuss beantwortet werden.

Dregger betonte, dass man mit dem wieder eingesetzten Amri-Untersuchungsausschuss im schwarz-gelben Landtag in Nordrhein-Westfalen zusammenarbeiten werde. Der Ausschuss war sichtlich um Konsens bemüht. Einhellig betonten die Obleute ihre Absicht, fraktionsübergreifende Beweisanträge zu stellen. Grünen-Obfrau Bayram prognostizierte aber „Auseinandersetzungen“ über zu behandelnde Schwerpunkte des Ausschusses, der am 8. September wieder tagt.

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