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Immer neuer Ärger. Die Berliner Immobilien Holding, hier die Zentrale am Halleschen Ufer in Kreuzberg, kommt nicht aus den Schlagzeilen.

© Kai-Uwe Heinrich

Nach dem BIH-Verkauf: Krisensitzung zu den Krisenfonds

Der Aufsichtsrat der Immobilienholding wird zu einem Sondertreffen einberufen. Es werden neue Vorwürfe gegen den Landesbetrieb laut.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Nach dem gescheiterten Verkauf der Berliner Immobilien Holding (BIH) ist völlig offen, wie der Senat das landeseigene Unternehmen neu aufstellen wird. In einer außerordentlichen Sitzung des Aufsichtsrats soll am Freitag die krisenhafte Lage des Konzerns, der die Risikofonds der ehemaligen Bankgesellschaft betreut, beraten werden. Die Stimmung in der BIH ist schlecht und es gibt große Probleme. Zum Beispiel droht der Versuch, Immobilien aus den Skandalfonds zu entwickeln und zu verkaufen, am Widerstand privater Anleger zu scheitern, die noch Fondsanteile halten. Zudem wird in Anlegerkreisen der Vorwurf erhoben, dass Vertreter des BIH-Konzerns für strategisch wichtige Abstimmungen in den Fonds Stimmen „gekauft“ hätten.

Es gibt auch Hinweise, dass kritische Manager von der BIH-Führung kaltgestellt werden. So wurde der Geschäftsführer einer BIH-Tochter Ende Februar überraschend abberufen. Dessen Büro sei anschließend durchsucht und Akten seien entfernt worden, berichteten Mitarbeiter dem Tagesspiegel. Einige Unterlagen, auch Originale, seien im Papiermüll gefunden worden. Sie liegen jetzt beim Tagesspiegel. Der Manager war viele Jahre an wichtiger Stelle zuständig für die Abwicklung und Kontrolle der Garantiezahlungen, die Berlin für die hoch verschuldeten Fonds in Milliardenhöhe leisten muss. Und als Geschäftsführer der FinTech 21 organisierte er den Rückkauf privater Fondsanteile durch das Land.

Nach vorliegenden Unterlagen wurde intern darüber gestritten, ob Mietgarantien des Landes für die Fondsimmobilien korrekt berechnet wurden. Aufgabe der Controller ist es, unberechtigte Garantieansprüche zu kürzen. Auch mit Rückendeckung der BIH-Geschäftsführung wurden solche Kürzungen nachträglich zurückgenommen, gegen das Votum kritischer Mitarbeiter. Die BIH-Geschäftsführung widerspricht. „Alle Garantieabrechnungen erfolgen stets ordnungsgemäß auf der Grundlage des Risikoabschirmungsgesetzes“, teilte ein Sprecher mit. Auch seien die Akten des abberufenen Managers „ordnungsgemäß gesichtet und gesichert“ worden. Lesekopien alter Vorgänge habe ein zertifiziertes Unternehmen entsorgt.

Nicht nur BIH-Mitarbeiter, auch private Fondsanleger berichten über Vorgänge, die sie empören. Der Hintergrund: 2008 wurden mit den Fondsgesellschaften Vergleiche abgeschlossen, die das Land Berlin finanziell entlasten. Aber dafür fehlte in einigen Fonds damals die notwendige Mehrheit. Um oppositionelle Anleger auf ihre Seite zu bringen, initiierte die zuständige BIH-Tochter nach Darstellung von Zeichnervertretern einen „Stimmenkauf“. Kurzfristig, per Fax und Telefon, wurde Zeichnern angeboten, den Anteil zum Nominalwert abzukaufen. Also für 100 Prozent des eingezahlten Kapitals. In Einzelfällen ist das schriftlich belegt.

Dies war nach Ansicht von Zeichnervertreter mindestens „sittenwidrig“. Denn diese Anleger wurden besser gestellt als jene, die bei den offiziellen Rückkaufaktionen des Senats nur einen Teil des eingesetzten Kapitals erstattet bekamen. Thomas Schmidt, der die Initiative „Zeichner zeigen Zähne“ (ZZZ) organisiert, warf dem BIH-Chef Peter Hohlbein in einem Brief vor, der Stimmenkauf zum Vorzugspreis sei „nicht ohne Ihr Wissen und Ihre Billigung“ möglich gewesen.

Davon will die BIH-Führung nichts wissen. „Alle geltenden Regeln werden eingehalten“, teilte der Konzern auf Anfrage mit. Die Vorwürfe des „selbst ernannten Zeichnerschützers Schmidt“ seien unbegründet und haltlos. Trotzdem wird der Berliner Immobilien Holding in Zukunft wohl nichts anderes übrig bleiben, als mit den verbliebenen Privatanlegern in einen Dialog zu treten. Denn die Zeichner setzen inzwischen bis in die obersten Gerichtsinstanzen ihre weitreichenden Minderheitenrechte durch.

So schmetterte der Bundesgerichtshof im Februar eine Beschwerde der BIH-Tochter IBV ab. Damit wurde bestätigt, dass in dem Fonds LBB 3 gefasste Mehrheitsbeschlüsse den „Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte“ verletzten. Andere Urteile gehen in dieselbe Richtung, auch wenn die Rechtsprechung insgesamt noch nicht eindeutig ist. Im Juni verhandelt das Landgericht Berlin erstmals über Beschlüsse zum Verkauf von Fondsimmobilien. „Die sind mit der heißen Nadel gestrickt“, sagte ein Anleger, der in Ostwestfalen beheimatet ist. Ein BIH-Sprecher weist dies zurück: „Wir sind zuversichtlich, uns mit unseren Rechtsargumenten durchzusetzen.“

In mehreren Fonds werden jetzt Klagen gegen Verkäufe vorbereitet, die von den Vertretern Berlin – die etwa 90 Prozent aller Fondsanteile halten – beschlossen wurden. Nur kurzfristig gesehen ist das unschädlich. Es gab nämlich den Versuch, 77 unwirtschaftliche Fondsimmobilien auf einen Schlag loszuwerden. Aber das wäre für Berlin, wie berichtet, teuer geworden. Denn es müssten dabei alle Mietgarantien abgelöst werden. Die Finanzverwaltung wies zwar die Kritik der Grünen zurück, daraus entstehe ein Milliardenrisiko für den Landeshaushalt. Eine Belastung von 270 Millionen Euro wurde jedoch eingeräumt.

Aber langfristig gesehen raubt die starke Stellung der privaten Zeichnerminderheit dem Senat den Handlungsspielraum für eine wirtschaftliche Entwicklung und Vermarktung der bundesweit verstreuten Immobilien. Jedenfalls solange sich die BIH und der harte Kern der privaten Anleger unversöhnlich gegenüberstehen. Am 30. März muss Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) dem Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses berichten, ob und wie er den Fonds-Konzern reformieren und personell neu aufstellen will. Dem Vernehmen nach gibt es senatsintern Bestrebungen, die BIH-Probleme bis nach der Wahl unter der Decke zu halten.

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