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Rund 140.000 Menschen tanzten bis Sonntagabend im Treptower Park und verwandelten die Grünflächen zum Teil in eine Staubwüste. Die Anwohner hatten es befürchtet und vorab versucht, gegen das „Lollapalooza“ vorzugehen.

© Sophia Kembowski/dpa

Nach dem Musikfestival im Treptower Park: Wohin mit Lolla? Nicht in die Wuhlheide

Lollapalooza hat in Berlin viel totes Gras, aber keine größeren Schäden hinterlassen. Das Festival-Team plant schon für 2017.

Wenn alles vorbei ist, kommen sie. Überall, wo man durchschlüpfen kann aufs Gelände, sind sie unterwegs: die Flaschensammler. Henning aus Köpenick hat schon drei große blaue Mülltüten voll. „Das lohnt sich schon richtig“, sagt er und blickt über den Treptower Park, wo am Wochenende 140.000 Menschen gefeiert und getanzt haben. Das Lollapalooza-Festival hat nach zwei Tagen Betrieb jede Menge Müll und viel kaputten Rasen hinterlassen. An der Hauptbühne erstreckt sich eine große braun-gelbe Fläche, die mehr an Sand, als an Gras erinnert. Kronkorken und zerbrochenes Glas liegen auf den Wegen, die Mülleimer quellen über. Über allem hängt der Geruch von Urin und Alkohol.

Sensible Bereiche waren abgesperrt

Alexander Erbs möchte seine angestammte Joggingstrecke durch den Park wieder nutzen, wird aber von den Ordnern ausgebremst. „Das nervt schon“, sagt er, „aber wenn sie das alles wieder sauber machen, finde ich’s okay.“ Anwohner und Politiker im Vorfeld hatten im Vorfeld irreparable Schäden am Gartendenkmal Treptower Park befürchtet. Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) sagte am Montag, seine Mitarbeiter hätten bislang „keine großen Schäden“ festgestellt. Sensible Bereiche wie Rosen- und Blumengarten waren abgesperrt, die Wege mit Platten abgedeckt.

Nur der Rasen habe wohl „massiv Schaden genommen“ – damit hatte das Bezirksamt allerdings auch gerechnet. Der Veranstalter hatten eine Sicherungsleistung von drei Millionen Euro hinterlegen müssen. So viel Geld wird für die Rasenerneuerung sicher nicht gebraucht. Ob die Reparatur der Flächen sofort nach dem Abbau der Bühnen beginnt, ist noch nicht entscheiden. Denkbar sei auch, die Rasenflächen erstmal wieder zu öffnen und später im Herbst mit der Neuanlage oder dem Ausflicken zu beginnen. Im Frühjahr soll dann alles wieder so aussehen wie vor dem Massenansturm der Musikfans.

Neuauflage 2017 auf jeden Fall in Berlin

Die Festivalbetreiber haben mit dem Senat nach eigenen Angaben bereits einen Vertrag für die Neuauflage des Festivals 2017 verhandelt, aber noch nicht unterschrieben. „In Kürze“ werde man auch den Standort bekanntgeben, erklärte die Leitung. Am Wochenende war bereits die Trabrennbahn Karlshorst ins Gespräch gebracht worden, doch Lichtenbergs Baustadtrat Wilfried Nünthel (CDU) dementierte: „Für die zu erwartende Anzahl an Besuchern ist das Gelände grundsätzlich zu klein, es fehlen zudem geeignete Flucht- und Rettungswege.“ Hölmer schloss auch die Wuhlheide als Alternativstandort aus. „Für die Wuhlheide gilt das Gleiche wie für den Treptower Park, in einem Gartendenkmal ist solch ein Festival nicht geeignet.“ Auch andere Flächen in Treptow-Köpenick kämen nicht in Betracht – blieben also das Maifeld im Olympiapark und die Straße des 17. Juni. Die zuständigen Senatsstellen wollten sich dazu am Montag nicht äußern. Tagesspiegel-Leser brachten auch erneut den Flughafen BER ins Spiel. Dort werden im September 2017 allerdings eine Menge Tests für die geplante Inbetriebnahme laufen. Und die dortigen Messehallen in Selchow sind den Lolla-Veranstaltern ohnehin zu weit draußen: Weil sich das Lollapalooza als grünes Festival versteht, sollen Besucher möglichst mit Bahn und Bussen anreisen.

Das war mal ein Rasen.
Das war mal ein Rasen.

© Helena Piontek

Abbau der Bühnen geht zügig voran

Der Abbau der Bühnen und das Aufräumen kam am Montag zügig voran. Auf dem Gelände wimmelte es vor Handwerkern, Reinigungspersonal und Gärtnern, die den Park wieder schön machen. Eine Rentnerin beobachtete auf ihren Rollator gestützt die Arbeiten. „Wie es hier aussieht! Ich verstehe nicht, warum man das nicht wieder auf dem Tempelhofer Feld machen konnte“. Dort wurden mit Rücksicht auf die Flüchtlinge keine Veranstaltungen genehmigt. Am Treptower Park waren die Belastungen für Anwohner deutlich größer. Der Park wurde schon zwei Wochen vor dem Festival abgesperrt, zuletzt auch die Puschkinallee, was zu erheblichen Staus führte. "Das Verkehrskonzept war verheerend", sagt Sigrid Schubert vom Figurentheater Grashüpfer. Der Shuttlebus, der die umgeleiteten BVG-Linien teilweise ersetzen sollte, habe auch im Stau gestanden.

Musikalische Bilanz: gemischt

Die musikalische Bilanz des zweiten Lollapalooza-Festivals fällt gemischt aus. Mit prominenten Namen wie Kings of Leon und New Order am Samstag sowie Radiohead zum Finale am Sonntag sind den Veranstaltern echte Glücksgriffe gelungen. Vor allem Radiohead, die ihr einziges Deutschlandkonzert im Treptower Park gaben, begeisterten mit einem fantastischen fast zweieinhalbstündigen Set. Sie eröffneten es mit fünf Stücken von ihrem neuen Album „A Moon Shaped Pool“, um dann eine feine Auswahl ihres großen Repertoires zu präsentieren. Darunter sogar ihr selten gespielter früher Hit „Creep“, der neben „Karma Police“ die letzte Zugabe bildete. Zuvor hatte auf derselben Bühne bereits der Londoner Elektronik-Songwriter James Blake geglänzt. Seine melancholische Musik passte zwar schlecht zur Hitze dieses Sommertages, doch ihm gelang es trotzdem, das Publikum in seinen Bann zu schlagen und gelegentlich zum Tanzen zu bringen. Was er auch dem Sound zu verdanken hatte, der auf beiden Hauptbühnen hervorragend war. Ärgerlicher war aber – wie schon 2015 – die Männerdominanz auf dem Festival. So wurden am Sonntag von 21 Auftritten auf vier Bühnen lediglich zwei von Frauen bestritten (Aurora und Róisín Murphy), bei Major Lazer gab es Tänzerinnen. Hoffentlich bessert sich diese Schieflage beim nächsten Berliner Lollapalooza.

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