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Ex-Senator Michael Braun.

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Update

Nach dem Rückzug: Verbraucherschützer stellen Strafanzeige gegen Ex-Senator Braun

Die CDU-Parteiführung verteidigt den Justiz- und Verbraucherschutzsenator Michael Braun auch nach dessen Rückzug. Für sie ist Braun das Opfer. Ein Nachfolger ist bisher nicht gefunden.

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Der Vorstand der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger hat Strafanzeige gegen Ex-Senator Michael Braun (CDU) wegen seiner angeblichen Beteiligung beim Verkauf von Schrottimmobilien gestellt. „Ich bin absolut davon überzeugt, dass Herr Braun genau wusste, was er tat“, sagte Jürgen Blache am Dienstag. Mithilfe von Unterlagen von mehr als 100 Geschädigten werde er beweisen, dass Braun als Notar über die dubiosen Geschäftspraktiken informiert gewesen sei. Laut einem Sprecher dauert es ein paar Tage, bis eine Anzeige mit einem Aktenzeichen versehen wird.

Unterdessen beginnt in der Berliner CDU die Suche nach einem Justizsenator erneut. Gerade mal gut zwei Wochen ist es her, dass CDU-Parteichef Frank Henkel einem Landesparteitag seine Senatorenauswahl vorstellte. Nach dem am Montag verkündeten Rücktritt von Michael Braun geht die Suche zumindest für das Ressort Justiz und Verbraucherschutz wieder von vorn los – begleitet von hämischen Kommentaren der Opposition, aber auch Kritik der CDU am öffentlichen Umgang mit Braun und seiner Rolle bei umstrittenen Immobiliengeschäften.

Wer ihm jetzt in das Amt folgen soll, war am Montag noch offen. Aus der CDU-Spitze war zu hören, dass sich Parteichef Frank Henkel noch umschaue. Dem traditionellen Eisstockschießen von Landespolitikern blieb Henkel am Montagabend überraschend fern – und schickte seinen Staatssekretär. Vorerst übernimmt der CDU-Gesundheitssenator Mario Czaja die Amtsgeschäfte, bis ein Nachfolger für Braun gefunden ist. An diesem Freitag will der CDU-Landesvorstand über die Personalie beraten. Mehrere Namen potenzieller Nachfolger kursieren. Im Gespräch ist unter anderem der Rechtsanwalt Burkard Dregger, der für die CDU im Abgeordnetenhaus sitzt – er war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Rechtsanwalt Andreas Gram, Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, war vorübergehend ebenfalls als möglicher Braun-Ersatzmann gehandelt worden, kommt aber dem Vernehmen nach nicht in die engere Wahl der Parteispitze. Die zwischenzeitlich als mögliche Nachfolgerin gehandelte Politikerin Cornelia Seibeld, die vergangene Woche zur Vorsitzenden des Rechtsausschusses im Abgeordnetenhaus gewählt wurde, bekräftigte, dass sie wegen privater Prioritäten nicht zur Verfügung stehe – und verband das mit harscher Kritik am öffentlichen Umgang mit Braun.

„Ich wäre doch irre, wenn ich nach diesen Maßstäben, die an Anwälte gelegt werden, Senatorin werden wollte“, sagte die Politikerin und Anwältin. Zu den Beurkundungen fragwürdiger Immobilien, die Braun vorgehalten wurden, sagte sie: „Das macht jeder Anwalt in Berlin, das hätte jedem von uns passieren können.“ Sie sehe in Brauns Verhalten weder ein rechtliches Problem noch habe sich der scheidende Senator in Widersprüche verstrickt, wie ihm seine Kritiker vorhalten. Allerdings habe Braun „keine Möglichkeit“ gehabt, alle Zweifel aus der Welt zu räumen, ohne seine Schweigepflicht zu verletzen.

Gedrückte Stimmung in der CDU

Auch viele andere Parteifreunde Brauns äußerten am Montag Bedauern und Lob für den scheidenden Senator. „Der Rücktritt von Michael Braun verdient unseren Respekt“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Florian Graf, der am Montagvormittag bei der Krisensitzung des Präsidiums in der CDU-Landeszentrale in der Keithstraße dabei war. „Er geht diesen Schritt, um Schaden vom Amt des Justiz- und Verbraucherschutzsenators abzuwenden.“

Die Stimmung in der CDU ist gedrückt. „Er tut uns schon allen sehr leid“, hört man auf den Fluren der Parteizentrale. Denn der Druck auf Braun und seine Familie sei in der vergangenen Woche stetig angestiegen. Es gehe bei ihm ja nicht nur um das politische Amt, sondern auch um die Reputation als Anwalt und Notar. Andere Parteifreunde Brauns sehen das Problem ebenfalls nicht in dessen Verhalten, sondern im öffentlichen Umgang mit der Affäre. Argumente zugunsten Brauns, die es nach CDU-Meinung zuhauf gibt, seien in der aufgeheizten öffentlichen Stimmung nicht vernehmbar gewesen, „alle haben sich festgelegt“, sagte Vizeparteichef Thomas Heilmann.

Das Präsidium der Berliner CDU hatte sich bereits am Montagmorgen hinter Braun gestellt, zugleich aber dessen Entscheidung für den Rückzug respektiert. Die Mitglieder des Präsidiums hätten Braun „das volle Vertrauen ausgesprochen“, heißt es in einer Erklärung, die nach der Sitzung veröffentlicht wurde. „Wir haben keinen Grund daran zu zweifeln, dass sich Michael Braun korrekt verhalten hat.“ Er habe „Praktiken dieser unseriösen Geschäftemacher, von denen er als Notar missbraucht worden ist, selbst in aller Form verurteilt“. Man bedauere, „dass die zahlreichen Argumente für Michael Braun öffentlich nicht zur Kenntnis genommen wurden“. Da Braun der CDU-Führung mitgeteilt habe, „dass es ihm angesichts der einseitigen und andauernden Presseberichterstattung nicht möglich ist, sein Amt weiter zum Wohle der Stadt zu führen“, nehme man seine Entscheidung „mit großem Bedauern und mit Respekt“ auf.

Die Opposition sieht den Fall Braun als Ausdruck eines größeren Problems. Durch Brauns Agieren, sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop, sei der Eindruck entstanden, „Rot-Schwarz knüpft nahtlos an die 90er Jahre an, als Politik und dubiose Immobiliengeschäfte in Berlin verquickt waren“. Auch für den Linken-Bundestagsabgeordneten und früheren Berliner Parteichef Stefan Liebich zeigt der Fall, „dass die Berliner CDU noch die alte ist“. Die Partei habe „die Jahre in der Opposition nicht für eine Erneuerung genutzt und ist im Kern immer noch die Föderation West-Berliner Kreisfürsten der Diepgen-Landowsky-Zeit“. (mit dapd)

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