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NACH DEM URTEIL ZUM RAUCHVERBOT Was Wirte jetzt beachten müssen: Qualmen nur bei trocken Brot

In kleinen Kneipen darf wieder geraucht werden. Nur das Speiseangebot muss sich drastisch ändern – alles eine Frage der Definition

Von Sabine Beikler

Äpfel, Bananen, Birnen statt Soleier, Knacker, Buletten und Schmalzstullen: Vielen Gästen dürfte dieses kulinarische Angebot in ihrer Berliner Eckkneipe nicht richtig gut schmecken. Denn: Die Bundesverfassungsrichter haben in ihrem Urteil zum Rauchverbot eindeutig festgelegt, dass in Einraumkneipen mit weniger als 75 Quadratmetern Gastfläche nur dann wieder geraucht werden darf, wenn das Lokal „getränkegeprägt“ ist und dort auch keine „zubereiteten Speisen“ angeboten werden. Wie aber „zubereitete Speisen“ und die „Gastfläche“ definiert sind, darüber haben sich gestern einen Tag nach dem Urteil Gastronome, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und die Berliner Ordnungsämter die Köpfe zerbrochen. Im „Zweifelsfall“, sagt Kontrolleur Burghard von Nell aus Friedrichshain-Kreuzberg, werde man dem Wirt zunächst einen „dezenten Hinweis“ geben. „Wir werden jetzt auch nicht mit dem Zollstock in der Hand die Eckkneipen akribisch ausmessen.“

Über die Definition des „Gastraums“ gibt es seit dem Urteil viele Diskussionen in Berliner Kneipen. Manuel Heidrich betreibt seit 15 Jahren das „Kastanieneck“ in Lichterfelde-West. In seiner Einraumkneipe darf seit dem Urteil wieder geraucht werden – trotz einer Gesamtfläche von 145 Quadratmetern: Seine Gastfläche ist nämlich kleiner als 75 Quadratmeter. Die Bundesverfassungsrichter definieren diese als „Bereich, in dem Tische und Stühle für den Aufenthalt von Gästen bereitgehalten werden“. Laut Dehoga-Pressesprecherin Stefanie Heckel werden Schank- und Thekenbereich nicht dazugezählt. Von Nell betont, dass der Thekenbereich dann dazugezählt wird, wenn dort Stühle stehen.

Bei der Definition, was „zubereitete Speisen“ sind, beziehen sich die Kontrolleure auf Kommentare zum Gaststättengesetz. „Zubereitete Speisen“ werden demnach „zum Verzehr an Ort und Stelle“ verabreicht. Dazu zählen Suppen, Frischwurst, Frischkäse, Speiseeis, Torten und ähnliche Backwaren. Dauerbackwaren wie Brezeln, Salzstangen oder Brot fallen nicht darunter – solange sie nicht mit Wurst, Käse oder Fisch belegt werden. Zu den zubereiteten Speisen zählen auch „essfertige Fleischwaren“ wie Buletten, warme oder kalte Würstchen, Tartar oder Salate. Und die Soleier gelten unter der Rubrik „zum Verbrauch hergerichtete Konserven“ als „zubereitete Speisen“ – sind also in Raucherkneipen auch nicht erlaubt. Obst sieht der Gesetzgeber dagegen als Speise an, die ohne besondere Behandlung verzehrt werden kann. Ob das Waschen eines Apfels wider die Definition sein könnte, kann Kontrolleur von Nell nicht beantworten. Er werde gegen keinen Wirt ein Bußgeld verhängen, der einen Apfel in seiner rauchgeschwängerten Kneipe anbietet – ob gewaschen oder nicht.

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