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Auch in das Rathaus Neukölln zieht demnächst ein Stadtrat der AfD ein.

© dpa

Nach den BVV-Wahlen: So reagieren die Berliner Parteien auf den Erfolg der AfD

Sieben Stadtratsposten hat die AfD in den Berliner Bezirken geholt. Die anderen Parteien schwanken zwischen Schock und Pragmatismus.

Das Ergebnis der BVV-Wahlen beschert der AfD auch Stadtratsposten in sieben Bezirksämtern. Die Parteien in den Bezirken reagierten unterschiedlich — auch in Fragen der zukünftigen Zusammenarbeit. In Marzahn-Hellersdorf erreichte die AfD starke 23,2 Prozent. „Das Ergebnis ist bedrückend“, sagt Bürgermeister Stefan Komoß (SPD). „Das wird den Bezirk weit zurückwerfen.“ Die etablierten Parteien reagieren dennoch überwiegend pragmatisch: „Das Ergebnis ist bitter, aber sie sind gewählt. Nun sollte die AfD auch Verantwortung übernehmen und arbeiten, damit sie keine Zeit haben, auf dumme Gedanken zu kommen“, sagte Dagmar Pohle, bisherige Vize-Bürgermeisterin.

Von der Überlegung, dem AfD-Stadtrat nur ein bedeutungsloses Ressort zu überlassen, hält die Linke nichts. "Es kommt auf die Personen an", sagt auch Christian Gräff, der für die CDU in den letzten zehn Jahren einen Stadtratsposten bekleidet hat. "Wenn in der BVV und im Bezirksamt vernünftige Leute sitzen, wird man einen Weg finden."

Auch bisher seien schon zehn Prozent der Entscheidungen nicht einstimmig gefällt worden, sagt Gräff. Pohle nimmt aber auch die AfD-Mitglieder in die Pflicht. Sie fordert, dass sie "die hetzerischen Sprüche aus dem Wahlkampf, die sich auch gegen Bürgerinnen und Bürger aus dem Bezirk richteten, bleiben lassen". Wie der Alltag im Bezirksamt aussehen könnte, hänge vom Personalvorschlag ab, den die AfD nun machen müsse. Die Kommunalregierung müsse "nach außen mit einer Stimme sprechen", sagt Pohle. "Da kann nicht einer aus der Reihe tanzen."

„Wir müssen keinen Kandidaten einer anderen Partei wählen.“

In Lichtenberg, wo die AfD 19 Prozent erreichte, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Erik Gührs: „Ich kann mir nicht vorstellen, ein AfD-Mitglied zu wählen. “ Einen Stadtrat zu wählen, bedeute auch immer, dieser Person einen Vertrauensvorschuss zu geben. "Einem AfD-Politiker kann ich allerdings nicht vertrauen", sagte Gührs am Montag. CDU-Baustadtrat Winfried Nünthel ergänzt: „Wir müssen keinen Kandidaten einer anderen Partei wählen.“ Es liege am Geschick der AfD, ihre Leute durchzusetzen.

Auch in Treptow-Köpenick holte die AfD rund 20 Prozent. „Das ist echt der Hammer“, sagte SPD-Bürgermeister Oliver Igel am Wahlabend. Am Montag legte er nach: „Wir müssen akzeptieren, dass die AfD nun einen Stadtrat stellt. Sie sollten ein verantwortungsvolles Ressort übernehmen.“ Die Kandidaten der AfD würden aber auf Herz und Nieren geprüft werden.

In Neukölln zieht die AfD mit knapp 13 Prozent in die BVV ein. „Wir nutzen alle Möglichkeiten, der AfD keinen Fußbreit Platz in der Neuköllner Bezirkspolitik zu überlassen“, sagt Andreas Audretsch, Vorstandssprecher der Grünen. Bezirksbürgermeistern Franziska Giffey (SPD) kann bisher noch nicht sagen, welchen Posten sie sich für den AfD-Stadtrat vorstellen kann. „Das muss ich erst mit meinen Kollegen aus der BVV absprechen“, sagte sie am Montag dem Tagesspiegel.

Die AfD bewusst fordern

Auch in Spandau kann die AfD mit ihren 16,0 Prozent einen Stadtrat stellen, sie erreichte hinter SPD und CDU das drittstärkste Ergebnis. Erschüttert zeigte sich darüber Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD): „Das AfD-Ergebnis wirft Fragen auf. Auch über die Ressortzuschneidung wird zu sprechen sein.“ Für Kleebank sei die Zusammenarbeit auch von der Person abhängig: „Eine Mehrheit für einen Kandidaten mit fremdenfeindlichem und rassistischem Hintergrund kann ich mir nur schwer vorstellen.“

In Pankow holte die AfD 13 Prozent. Sören Benn, Bezirksvorsitzender der Linken in Pankow, sagte am Montag: „Das ist eine demokratische Wahl, die uns nicht in allen Einzelheiten gefällt, die aber zu respektieren ist.“ Ein bestimmtes Ressort für den Stadtrat der AfD sei noch nicht in der Planung. Auch Pankows Grüne wollen die AfD bewusst in die Verantwortung nehmen. Das sagte ihr Spitzenkandidat Jens-Holger Kirchner dem Tagesspiegel. Die AfD zieht in Pankow mit acht Verordneten in die BVV ein und wird dort auch einen Stadtrat stellen. „Wir wollen die AfD nicht in die Opferrolle drängen, sondern sie vielmehr fordern“, so Kirchner.

Der neue AfD-Stadtrat solle ein vollwertiges Ressort übernehmen. Die AfD sei gewählt, jetzt müsse sie liefern. „Für einen Frühstücksdirektor gibt es hier keinen Platz.“ Kirchner kündigte aber an, die Grünen in der BVV würden den AfD-Kandidaten „auf Herz und Nieren“ prüfen – und im Zweifel ablehnen. Sollte der AfD-Stadtrat sich im Amt nicht an geltendes Recht halten, werde dies Konsequenzen haben. „Es wäre nicht der erste Stadtrat, der abgewählt wird.“   

Von der CDU-Spitze in Reinickendorf heißt es, dass man die Wahl eines AfD-Stadtrats nach sorgfältiger Prüfung der Eignung des Kandidaten nicht durch Verfahrenstricks hintertreiben werde – man wolle keine Märtyrer schaffen. "Ich hätte mir dennoch ein anderes Ergebnis gewünscht", sagt Bezirksbürgermeister Frank Balzer (CDU). Nun hänge es an dem Kandidaten, den die AfD vorschlägt. Eine Stellungnahme der SPD war nicht zu erhalten.

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