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Nach der Schließung: Berlin sucht ein neues ICC

Berlin hat seinen wichtigsten Kongressort geschlossen. Weil es bisher keinen Ersatz gibt, verliert die Stadt bereits Kunden an andere Städte.

Berlins Oberster Stadtvermarkter, Burkhard Kieker, der auch Kongresse, Tagungen und Großveranstaltungen aus aller Welt an die Spree holt, warnt: Wegen der ungewissen Zukunft des ICC als Veranstaltungsort könnte die Stadt im internationalen Wettbewerb um das lukrative Kongressgeschäft in einigen Jahren zurückfallen. Kieker fordert, dass schon heute die konkrete Planung für einen weiteren Kongressstandort beginnt. Ein Neubau komme dafür infrage oder ein fester Zeitplan für die Nutzung neuer Kongressräume im sanierten ICC. Kieker befürchtet allerdings, dass eine zügige Entscheidung über die Zukunft des ICC nur schwer möglich ist.

„Die Debatte ist so stark emotional und politisch besetzt, dass die Frage der Kongresskapazitäten aus den Augen gerät“, sagte Kieker. Dabei müsse nach der Schließung des ICC eine konkrete Planung für den Aufbau eines dritten großen Kongresszentrums beginnen: „Spätestens Ende des Jahrzehnts werden der City Cube und das Neuköllner Estrel nicht mehr ausreichen, um die Nachfrage zu befriedigen.“ Wenn die Stadt aber mangels geeigneter Standorte Kongresse absagen müsse, „dann spricht sich das schnell rum und Berlin verliert Marktanteile im globalen Wettbewerb“.

In dieselbe Kerbe schlägt Veranstaltungsmulti Willy Kausch, der in Berlin auch die Fanmeile und Silvesterparty durchführt: „Wir müssen schon jetzt wichtige Konferenzen absagen, und das wird in Zukunft noch häufiger passieren.“ Kauschs Firma Kit-Group zählt zu den größten Veranstaltern von Konferenzen und Kongressen. Zu seinen Kunden zählt die internationale Aids-Society, er hat einen Weltkongress in Melbourne organisiert und Konferenzen für die europäischen Kardiologen oder die Notfallmediziner durchgeführt. „Durch die Absagen etablieren sich andere Städte“, sagt Kausch. Er selbst schlägt den Neubau eines „kleinen City Cubes vor, auf dem Tempelhofer Feld, angedockt an einen Hangar“. Denn auch nach einer Sanierung könne das ICC keine Flächen bieten, die annähernd so flexibel seien und so wirtschaftlich zu betreiben wie ein Neubau.

Den starken Zeitdruck erklären die Experten damit, dass Entscheidungen über den zukünftigen Standort von Kongressen viele Jahre vor deren Durchführung getroffen werden. Bereits heute laufen Verhandlungen mit den Managern von Kongressen, die erst in den Jahren 2018 bis 2020 stattfinden werden. Wie berichtet, ist der neu gebaute City Cube, das im Mai eröffnen soll, für die kommenden Jahre gut ausgelastet. „Das ICC hat Maßstäbe gesetzt, aber es ist nicht mehr modern“, sagt Kieker. Der Bau des City Cubes habe gezeigt, dass für 80 Millionen Euro in nur zwei Jahren ein hochmodernes Kongresszentrum und damit eine gute Alternative entstehen könne.

Berlin liegt international auf Platz drei der Städte mit den meisten Verbandskongressen. Dies geht aus einer Studie der International Congress & Convention Association hervor. Dabei verzeichnete die Hauptstadt im zuletzt erhobenen Geschäftsjahr 2012 ein Plus von stattlichen 17 Prozent. Mit 172 Verbändekongressen liegt Berlin hinter Wien (195) und Paris (181). Allerdings hatte Wien zwei Kongresszentren, die zusammen dreimal so viele Kapazitäten wie das City-Cube bieten, und Paris sogar drei Kongresszentren. „Berlin muss in der Lage sein, einen Diabetes- oder Aidskongress, eine Daimler-Hauptversammlung oder eine große Windows-Schulung jederzeit notfalls parallel unterzubringen, um sich in diesem Wettbewerb zu behaupten“, so Kieker.

Die letzte Veranstaltung im ICC; Wirtschaft, Seite 15

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