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Berlin: Nach der Steuerentscheidung: Finanzsenator will Steuerausfälle durch höhere Vermögenseinnahmen ausgleichen

"Die Steuerreform vereinfacht die Finanzlage Berlins nicht." Im Gegenteil: Die Situation werde sich erheblich verschärfen, sagte der SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit gestern im Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

"Die Steuerreform vereinfacht die Finanzlage Berlins nicht." Im Gegenteil: Die Situation werde sich erheblich verschärfen, sagte der SPD-Fraktionschef Klaus Wowereit gestern im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Er freue sich über die Entscheidung im Bundesrat, warne aber eindringlich davor, die drohenden Steuerausfälle zu ignorieren. Im Berliner Landeshaushalt 2001 müssten schon ohne Steuerreform 1,1 Milliarden Mark bei den öffentlichen Ausgaben gekürzt werden. Mit der Reform seien außerdem 1,2 Milliarden Mark weniger Einnahmen zu verkraften. "Entsprechend müssen wir die Ausgaben senken", forderte Wowereit.

Finanzsenator Peter Kurth (CDU) will die fehlenden Steuereinnahmen im Etat 2001 dem Vernehmen nach teilweise ausgleichen, indem er die Einnahmen aus Vermögensverkäufen von (bisher geplanten 4,6 Milliarden Mark) auf 5,5 Milliarden Mark erhöht. "Wenn Kurth nicht belegt, was er zusätzlich verkaufen will, wäre dies ein Taschenspielertrick", kritisierte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Wowereit erinnerte vorsichtshalber daran, dass sich der SPD-Landesverband und die Abgeordnetenhaus-Fraktion darauf festgelegt hätten, dass nach der GSW keine weitere städtische Wohnungsbaugesellschaft mehr privatisiert werde. "Dabei bleibt es auch." Andere Geschäfte, die für das nächste Jahr angepeilt seien - Verkauf der Feuersozietät Berlin - Brandenburg, der Behala, des Großmarkts und von Anteilen an der Bankgesellschaft Berlin - seien schwierig zu realisieren. "Schon die eingeplanten 4,6 Milliarden Mark Vermögenseinnahmen sind ein sehr ambitioniertes Ziel."

Trotz der - alten und neuen - Finanzprobleme rechnet Wowereit fest damit, dass der Senat den Haushaltsentwurf für 2001 am nächsten Dienstag beschließt. Es gebe zwar noch in allen Senatsressorts strittige Themen, "aber die Senatoren wollen sich offenbar ihre Urlaubspläne nicht durcheinander bringen lassen." Die Sozialdemokraten wollen, trotz der Sparzwänge, einen Schwerpunkt im Jugend- und Bildungsbereich setzen. "Da muss noch Geld hinzu kommen", forderte Wowereit. Bei den Kitas und beim Lehrerpersonal dürfe nicht weiter gespart, das Programm "Computer für die Schulen" müsse finanziert werden. Einen handfesten Konflikt mit der CDU schließt der SPD-Fraktionschef bei der Finanzierung der "Topographie des Terrors" nicht aus. Das neue Ausstellungszentrum werde teurer als die bisher eingeplanten 45 Millionen Mark. Die CDU ist aber nicht bereit, mehr Geld für das Projekt freizugeben. "Es muss vollendet werden", so Wowereit. Sobald eine seriöse Kostenplanung vorliege, die natürlich nicht bei 80 Millionen Mark liegen dürfe, müsse weitergebaut werden. Die CDU solle nicht versuchen, das zu verhindern.

Der SPD-Politiker widersprach gestern auch dem haushaltspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Alexander Kaczmarek, der eine Fusion von Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) mit der S-Bahn in dieser Wahlperiode nicht für machbar hält. Für die Probleme der BVG, die nicht wettbewerbsfähig sei, sei derzeit keine andere Lösung in Sicht, meinte Wowereit. "Es besteht dringender Handlungsbedarf, in dieser Wahlperiode, und zwar nicht erst 2004." Ein Zusammengehen beider großer Verkehrsbetriebe wäre eine vernünftige Sache.

Wowereit lobte den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen noch einmal für dessen Zustimmung zum Steuerreformpaket der Bundesregierung. "Diepgen hat damit bewiesen, dass er parteitaktische Gesichtspunkte hintenan stellen kann. Ich finde es gut, dass er die Interessen Berlins wahrgenommen hat." Die Hauptstadt müsse sich mit dem Bund arrangieren. Er hoffe, so Wowereit, dass sich das angespannte verhältnis zwischen Bundesregierung und Berliner Senat jetzt entkrampfe.

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