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Die US-Botschaft am Donnerstag nach der US-Wahl.

© Lars von Törne

Nach der US-Wahl: Wen schickt Trump nach Berlin?

George W. Bush und Barack Obama sandten keine Karrierediplomaten, sondern Freunde und Förderer als Botschafter. Jetzt ist alles offen.

Nach drei Jahren wechselt ein US-Diplomat normalerweise den Posten. Bei Botschaftern dauert es etwas länger. Erfahrung zeigt, dass sie nach den Wahlen eine Amtszeit des jeweiligen Präsidenten überdauern. Insofern wird es nicht ungewöhnlich sein, wenn einige Monate nach dem Amtsantritt des neuen amerikanischen Präsidenten auch ein neuer Botschafter an den Pariser Platz zieht. Gut möglich, dass Donald Trump, wie die beiden Präsidenten vor ihm, keinen Karrierediplomaten schickt, sondern einen Förderer.

Das Prinzip Quereinsteiger hat Vorteile. Es ist besser, wenn der Botschafter in Krisenzeiten direkt telefonieren kann.

Der Senat muss zunächst den Kandidaten bestätigen

Dass sich der Stabwechsel hinziehen kann, liegt daran, dass erst der Senat seinen Segen geben muss zur Ernennung des jeweiligen Botschafters. Auch der mächtigste Mann der Welt kann nicht einfach einem alten Kumpel ein Flugticket nach Berlin in die Hand drücken. Zunächst schlägt er jemanden vor. Der Kandidat wird dann einer gründlichen Prüfung unterzogen. Anschließend wird vorgefühlt, ob er hier willkommen ist. Liegt das sogenannte "Agrément" vor, wird der Name offiziell bekannt gegeben. Dann gehen die Unterlagen an den Senat, wo der "Confirmation Process" absolviert werden muss. In diesem Bestätigungsprozess prüft der Ausschuss für auswärtige Beziehungen den Kandidaten und befragt ihn noch einmal eingehend.

Mit der Entsendung des derzeitigen Botschafters John Emerson und seiner Frau Kimberly hat Barack Obama noch einmal unterstrichen, wie wichtig ihm die deutsch-amerikanischen Beziehungen sind. Beide hatten bereits in der Clinton-Administration gearbeitet, er als Wirtschaftsexperte, sie als Öffentlichkeitsarbeiterin. Beide Partner hätten den Botschafterpart übernehmen können. So haben sie auch die diplomatischen Feuertaufen der Abhörskandale am Anfang der Amtszeit souverän gemeistert und viele Freunde gefunden.

Bislang waren die US-Botschafter in Berlin immer beliebt

Auch Emersons Vorgänger, Phil Murphy, war als Botschafter schnell populär in der Berliner Gesellschaft. Den früheren Finanzchef der Demokraten und ehemaligen Banker hatte Obama in seiner ersten Amtszeit geschickt. Der zeigte schon bei seinem ersten Auftritt, wie sehr er sich auf den neuen Posten freute. Die ganze Familie stieg bei der Ankunft in Hertha-Trikots aus dem Flieger. Auch Murphy meisterte Herausforderungen, mit denen er am Anfang nicht gerechnet hatte, darunter auch die Beschäftigung mit dem Thema Datenschutz.

Der amtierende US-Botschafter John Emerson.
Der amtierende US-Botschafter John Emerson.

© dpa

Auf erfahrene Ratgeber wird wohl auch Donald Trump zurückgreifen können. Denn der Republikaner George W. Bush hat ebenfalls politische Botschafter nach Berlin geschickt. In seiner ersten Amtszeit war das Dan Coats, der um ein Haar sogar Verteidigungsminister geworden wäre. Der Senator aus Indiana hatte den "compassionate conservatism" mitentwickelt, den mitfühlenden Konservatismus, der bei Bushs Wahlsieg eine Rolle gespielt hatte. Danach sollte den Ärmsten stärker geholfen werden, aber nicht durch den Staat, sondern durch aktive Nächstenliebe. Auch auf ihn wartete eine Feuertaufe in Berlin. In einem zweiwöchigen Kurs hatte er sich auf die Aufgabe als Diplomat vorbereitet. Am 7. September 2001 traf er in Berlin ein. Dann kam der 11. September – und rückte unerwartet sein Spezialgebiet in den Vordergrund: die Sicherheitspolitik. Berlin war für den konservativen Coats eine neue Welt.

Auch unter George W. Bush kam ein neuer Botschafter

In seiner zweiten Amtszeit sandte auch George W. Bush einen neuen Botschafter. Gar nicht unwahrscheinlich, dass William Robert Timken zumindest gehört wird, wenn es um die Ernennung des nächsten geht. Ähnlichkeiten zum Werdegang von Donald Trump sind deutlich erkennbar. Lange stand er dem von seinem Urgroßvater Henry Timken gegründeten Unternehmen „The Timken Company“ vor, das bei seiner Ernennung einen Jahresumsatz von 4,5 Milliarden Dollar hatte. Henry Timken war als Kind mit seiner Familie aus der Nähe von Bremen in die USA ausgewandert. William Timken hatte die Bush-Kampagne finanziell unterstützt und bekam den Botschafter-Posten gewissermaßen als Belohnung. Sein großes Engagement für sozial schwache Jugendliche aus Migrantenfamilien überraschte damals viele Protagonisten der Berliner Gesellschaft. Er selbst hob immer wieder seine Ehefrau Sue als Ideengeberin hervor. Die kritische Haltung, die in der Ära Bush viele Berliner seinem Land entgegenbrachten, war für ihn eine besondere Motivation, umso mehr Überzeugungsarbeit zu leisten.

Geradezu prophetisch erscheint heute ein Satz, den er im Gespräch mit dem Tagesspiegel äußerte: „Politik ist viel zu wichtig, um sie nur den Politikern zu überlassen.“

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