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Nach Kartellamtsprüfung: Wasserbetriebe gegen Preissenkung um 50 Cent

Eine Preissenkung um 50 Cent sei für die Wasserbetriebe nicht verkraftbar. Jetzt klagt das Unternehmen gegen die Prüfung der Tarife durch das Bundeskartellamt. Wowereit und Wolf streiten sich über die politische Verantwortung.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Die Berliner Wasserbetriebe (BWB) wollen sich nicht gegen Preissenkungen wehren. So reagierte der Vorstandschef Jörg Simon auf die Einschätzung des Bundeskartellamts, dass die Trinkwassertarife in der Hauptstadt um 50 Cent zu hoch seien. Das Unternehmen sei betriebswirtschaftlich sehr gut aufgestellt und dies werde auch in den nächsten Tarifantrag einfließen, sagte Simon am Donnerstag. Eine Preissenkung um 50 Cent, das wären fast 25 Prozent, könnten die Wasserbetriebe trotzdem nicht aus eigener Kraft abfangen. „Dann müssten wir uns ganz schnell mit den Eigentümern zusammensetzen.“ Das sind das Land Berlin und die privaten Konzerne RWE und Veolia.

Zunächst aber wollen die Wasserbetriebe klären, ob das Kartellverfahren gegen ein öffentlich-rechtlich kontrolliertes Unternehmen juristisch in Ordnung ist. Eine Klage „gegen die Anwendbarkeit kartellrechtlicher Missbrauchsvorschriften“ wurde beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht, der BWB-Aufsichtsrat nahm dies am Mittwoch einstimmig zur Kenntnis. Mit einem Urteil in erster Instanz sei in drei bis sechs Monaten zu rechnen, sagte Simon. Er verteidigte die Klage, denn die bundesweite Rechtsprechung bei Kartellverfahren gegen kommunale Wasserversorger sei „wenig gefestigt“.

Unabhängig von der Frage, ob das Kartellamt zur Prüfung der Wasserpreise in Berlin befugt ist, sind die Wasserbetriebe mit den vorläufigen Prüfergebnissen nicht einverstanden. Der ausschließliche Vergleich mit Hamburg, Köln und München gehe an den Berliner Besonderheiten vorbei. Also an der Halbierung des Wasserverbrauchs binnen zwei Jahrzehnten und den vereinigungsbedingten hohen Sanierungs- und Ausbaukosten. Beides schlage stark auf die Preiskalkulation durch. Der BWB-Vorstand fordert deshalb, ostdeutsche Städte wie Potsdam, Leipzig und Dresden, aber auch Frankfurt/Main und Düsseldorf einzubeziehen. Kritisiert wird auch, dass das hohe Grundwasserentnahmeentgelt in die Betrachtung des Kartellamts einbezogen wurde. Diesen Kostenfaktor könnten die Wasserbetriebe ebenso wenig beeinflussen wie die Renditeerwartungen der Eigentümer. „Das sind Stellschrauben der Gesellschafter“, sagte Simon.

Der veröffentlichte Zwischenbericht des Kartellamtes entzweit den rot-roten Senat. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) warf dem Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) indirekt vor, für die hohen Wasserpreise mitverantwortlich zu sein. Als BWB-Aufsichtsratschef habe Wolf stärker hinsehen müssen. Der Wirtschaftssenator gab den Schwarzen Peter zurück. Im Gegensatz zu ihm habe Wowereit 1999 der Teilprivatisierung zugestimmt. Jetzt registriere er nicht, welche vertraglichen Gewinngarantien den privaten Investoren damals gegeben wurden, die den Handlungsspielraum des Aufsichtsrats für die Preisgestaltung außerordentlich einschränkten.

Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) forderte den Senat auf, „unverzüglich zu handeln“. Die Wasserbetriebe sollten sich jetzt schon Gedanken darüber machen, wie die jahrelang überhöhten Tarife kompensiert werden könnten. Der CDU-Landeschef Frank Henkel versteht den Kartellbericht als eine „Ohrfeige für den Senat, der sich praktisch selbst vor dem Bundeskartellamt angezeigt hat“. Die Tarife könnten um ein Viertel gesenkt werden, wenn der Senat auf „einen Teil seiner Profite und Abgaben“ verzichte.

Die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche machte die Linke für die hohen Wasserpreise in Berlin verantwortlich. „Wirtschaftssenator Harald Wolf hat die Höhe der Tarife vorgelegt, Umweltsenatorin Katrin Lompscher hat sie ohne weitere Prüfung genehmigt.“ Auch der FDP-Fraktionschef Christoph Meyer warf dem Senat vor, durch das Grundwasserentnahmeentgelt, eine zu hohe Kapitalverzinsung und eine überhöhte Festlegung des betriebsnotwendigen Kapitals kräftig an der Preisschraube zu drehen.

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