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Armin Langers Engagement um einen jüdisch-islamischen Dialog würdigte auch Bundespräsident Joachim Gauck.

© Wolfgang Kumm/dpa

Nach Kritik an Zentralrat der Juden: Potsdamer Student darf wohl kein Rabbi werden

Der angehende Rabbiner Armin Langer hält dem Präsidenten des Zentralrats der Juden Rassismus vor – und wird der Ausbildung verwiesen. Aber er hat noch eine Chance.

Sein politisches und publizistisches Engagement ist einem Rabbineranwärter des Potsdamer Abraham-Geiger-Kollegs zum Verhängnis geworden. Nachdem der Student Armin Langer in der „taz“ dem Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Rassismus unterstellt hatte, wurde er nach einer Anhörung von der Liste der Rabbineranwärter des Kollegs genommen. An der Entscheidung hielt das Kolleg trotz einer Entschuldigung Langers fest.

Was war geschehen? Armin Langer, der sich für den jüdisch-islamischen Dialog einsetzt, hatte im November in einem Kommentar auf ein Interview Schusters reagiert, in dem der sich langfristig für eine Begrenzung der Flüchtlingszahl ausgesprochen hatte. Schuster hatte auch zu Bedenken gegeben, dass viele Flüchtlinge Kulturen entstammten, „in denen der Hass auf Juden und die Intoleranz ein fester Bestandteil ist“. Daraufhin unterstellte Langer ihm Rassismus: „Wenn jemand behauptet, dass es Antisemitismus vor allem unter Arabern gibt, ist er entweder dumm und hat schlechte Berater – oder er ist einfach ein Rassist.“

Das Geiger-Kolleg, das Teil der einzigen Ausbildungsstätte für liberale Rabbiner in Deutschland ist, begründet sein Vorgehen damit, dass das „Vertrauensverhältnis zu dem Rabbinerkandidaten nachhaltig verletzt“ sei. Langer habe sich mehrfach nicht an die Vorgabe gehalten, seine publizistischen Äußerungen mit der Presseabteilung des Kollegs abzustimmen.

"Abmachung eklatant ignoriert"

Der „Spiegel“ schreibt von einem Testfall für Meinungsfreiheit, auch habe Langer nichts von den Vorgaben gewusst. Walter Homolka, der Rektor des Geiger-Kollegs, das an die School of Jewish Theology der Universität Potsdam angebunden ist, wies diese Darstellung zurück. Langer habe unterschrieben, dass ihm Richtlinien zum Umgang mit Medienvertretern ausgehändigt wurden. Im März 2015 wurde er zudem in einem Schreiben des Kollegs gebeten, alle Anfragen der Presse mit dem Pressesprecher des Kollegs abzustimmen.

„Diese Abmachung hat Langer im November eklatant ignoriert“, sagte Homolka. Langer erwiderte, dass die Medien-Richtlinie sich nur auf Interviewanfragen zum Abraham-Geiger-Kolleg beziehe. Als Initiator von Salaam-Schalom habe ihm das Kolleg noch im Januar 2015zugesagt, Interviews geben zu dürfen.

Das Engagement Armin Langers im jüdisch-muslimischen Dialog habe das Abraham-Geiger-Kolleg während seiner zwei Jahre im Seminar begrüßt. Die Entscheidung sei nicht als Kritik an seinem Engagement für den jüdisch-muslimischen Dialog zu verstehen, sagte Homolka. Langer setzt sich privat für die von ihm gegründete Salaam-Schalom-Initiative ein. Dennoch müsse er „ als künftiger geistlicher Repräsentant des Judentums seine öffentliche Wahrnehmung und seine Wortwahl so gestalten, dass sich die jüdische Gemeinschaft auch von ihm vertreten lassen möchte“, erklärte Homolka.

Langer ist sich keiner Schuld bewusst

Eine Einschränkung der Meinungsvielfalt sieht Rabbiner Homolka nicht. Es gehe vielmehr um die freie Entscheidung jeder Religionsgemeinschaft, ihre Geistlichen selbst zu bestimmen. Die Entschuldigung des Studenten bei Schuster habe das Kolleg bewogen, ihm eine Bewährungszeit von einem Jahr einzuräumen. Sein Theologiestudium an der Universität Potsdam kann Langer fortsetzen. Die Universität sehe keine Schritte gegen ihn vor, sagte Uni-Sprecherin Silke Engel.

„Die Meinungsfreiheit ist an einer Universität ein essenzielles Gut, dem nur die Verfassung Grenzen setzt. Wir verstehen andererseits natürlich, dass bei Kandidaten für ein theologisches Amt die Regeln der zuständigen Religionsgemeinschaft gelten.“ Insofern müsse hier zwischen der säkularen Sphäre und der theologischen Sphäre klar unterschieden werden.

Letztlich ist sich Armin Langer keiner Schuld bewusst. Er habe dem Geiger-Kolleg keinen Grund für seine Relegation gegeben. Langer will weiter Rabbiner werden, am liebsten mit einer Ausbildung in Potsdam. Daher will er sich für das kommende Jahr erneut um die Zulassung zur Prüfung bemühen. Allerdings nur ohne Kompromisse: Er will für den Fall seiner Wiederaufnahme das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert bekommen. Dass sich der Student inzwischen mit seiner Geschichte an den „Spiegel“ gewandt hat, wird beim Geiger-Kolleg allerdings anders verstanden: „Daraus entnehme ich, dass er eine Wiederbewerbung als Option wohl nicht mehr in Betracht zieht“, sagte Homolka.

Jan Kixmüller

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