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Ein Zettel an der Tür der Fussilet-Moschee in Moabit.

© Paul Zinken/dpa

Update

Nach Schließung der Fussilet-Moschee: Die Berliner Salafisten-Szene zieht weiter

Der Salafisten-Treffpunkt in Moabit, in dem auch der Breitscheidplatz-Attentäter Anis Amri verkehrte, ist nun dicht. Ein Aus der Szene bedeutet das nicht.

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Von der Fussilet-Moschee in der Perleberger Straße in Moabit sind am Dienstagmittag kaum noch Spuren zu sehen. An der Außenfassade hat jemand das Schild der Moschee abgenommen, an der Klingel findet sich kein Eintrag mehr, der Briefkasten ist vollgestopft mit Prospekten. Nur an die Eingangstür der Moschee, die hinter der eigentlichen Eingangstür liegt und notdürftig mit Sperrholz und Schlössern zusammengehalten wird, wurde ein Zettel gehängt. „Diese Moschee ist endgültig geschlossen!“, steht darauf. Im Innenhof liegen noch ein paar Einrichtungsgegenstände im Müll, ansonsten gibt es keine Spur mehr.

Selbst die Anwohner wollen nichts vom Auszug mitbekommen haben. „Ich habe es auch erst heute morgen aus dem Radio erfahren“, sagt ein Spätiverkäufer, dessen Laden nur ein paar Häuser weiter liegt. Allerdings habe er bereits in den letzten Wochen Veränderungen bemerkt. „Nach dem Anschlag am Breitscheidplatz hat man die Salafisten fast gar nicht mehr gesehen.“ Fünf oder sechs offensichtliche Salafisten seien davor regelmäßig in der Moschee verkehrt. „Die waren auch in meinem Laden, haben Snacks gekauft und Münzgeld getauscht“, sagt der Verkäufer. Er glaubt nicht, dass sich durch die Schließung der Moschee etwas verändert. „Das ist wie mit der NPD. Nur weil man die Partei verbietet, gibt es ja immer noch Nazis“, sagt er und fordert, dass Islamisten frühzeitig und gezielt überwacht werden müssen. Im Fall Anis Amri habe die Politik da versagt, sagt er.

Polizei geht von 1000 Gefährdern bundesweit aus

Das sehen auch die Fraktionen von FDP und AfD im Abgeordnetenhaus so. Die Moschee sei zwar zu, viele Fragen aber blieben offen, kritisiert der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe. Deshalb verlange die FDP-Fraktion einen Untersuchungsausschuss zum Thema Breitscheidplatz; die AfD unterstützt das. Die CDU hält sich bedeckt - schließlich könnten Versäumnisse der Innenverwaltung dabei herauskommen. Bis vor Kurzem war sie noch in der Hand der CDU. Die AfD sieht vor allem den Senat als zu langsam an und fürchtet, dass dadurch wertvolle Beweise vernichtet wurden.

„Der Ausschuss ist nötig, um herauszukriegen, was schiefgelaufen ist“, sagt der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe. Im Bereich der Abwehr terroristischer Gefahren fehle es an jeder Koordinierung, kritisierte er. „Nicht mal die Gefährderbegriffe sind gleich“, so Luthe. Wenn die Polizei von einem islamistischen Gefährder spreche, so meine sie jemanden, der gewaltbereit ist. Der Verfassungsschutz hingegen fasse den Kreis enger: Gefährder sei dort, wer eine schwere staatsgefährdende Straftat vorbereite oder in einer Vorstufe davon sei.

Deshalb gehe der Verfassungsschutz von 500 Personen aus, die Polizei von 1000, allerdings bundesweit. Die Berliner Polizei geht von einer „hohen zweistelligen Zahl“ von Gefährdern aus, von denen einige in Haft sitzen und andere sich im Ausland aufhalten.

Salafistische Szene hat sich vermutlich verlagert

Polizeisprecher Winfried Wenzel weist daraus hin, dass die Unterschiede beim Gefährderbegriff schon ihren Sinn hätten; Verfassungsschutz und Polizei hätten getrennte Zuständigkeiten und würden unterschiedliche Rechtsgüter schützen.
Zurück zum Moscheeverein. Zu vermuten ist, dass sich die salafistische Szene einfach verlagert hat. Das weiß auch die Innenverwaltung, wenn ihr Sprecher Martin Pallgen dezent andeutet: „Die Kündigung eines Mietvertrages hat nichts mit einem Vereinsverbot zu tun. Es ist ja durchaus denkbar, dass ein Verein andere Räume anmietet.“

Ein Vereinsverbot ziele auf die Vereinsstrukturen. Richten sich diese gegen die Verfassung, kann ein Verein verboten werden. Da Vereinsverbote generell verdeckt liefen, könne man darüber aber öffentlich keine Aussagen treffen. Wichtig sei es, die handelnden Personen weiter zu überwachen. So verfährt die Polizei im übrigen auch. „Die Tatsache, dass an die Tür der Moschee einfach ein Zettel geklebt wurde, hat rechtlich keine Wirkung“, sagte Polizeisprecher Winfried Wenzel. Das Vereinsverbot werde ganz normal weiterbetrieben, von der Innenverwaltung, nicht von der Polizei. Die wiederum überwache natürlich die Gefährder weiter: „Wir verfolgen noch immer, was die Gefährder machen und wo sie sich derzeit aufhalten.“ Interessant sei jetzt, ob ein anderer Ort mit ähnlicher Strahlkraft entstehe wie die mittlerweile verschwundene Moschee.

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