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Nach Sodexo-Skandal: Eltern fordern: Schulen sollen selber kochen

Gerade erst stellte eine Studie fest: Bei den Preisen kann das Schulessen nicht gut sein. Der Skandal um verseuchte Verpflegung scheint das zu bestätigen. Jetzt reicht es vielen Eltern - sie wollen Schulküchen

Von Fatina Keilani

Nach dem Skandal um verseuchtes Schulessen ist der Schulbetrieb am Montag wieder angelaufen. Aber einfach zur Tagesordnung übergehen – das können und wollen Berlins Eltern jetzt nicht. Landeselternsprecher Günter Peiritsch sagte: „Es ist deutlich zu spüren, dass die Diskussion in den Schulen angekommen ist.“ Und das sei überfällig, denn was im Unterricht über gesunde Ernährung vermittelt werde, das werde in der Schulmensa Lügen gestraft.

„Es werden in Berlin fortlaufend Schulküchen abgebaut“, kritisierte Peiritsch. „Das muss gestoppt werden.“ Stattdessen sollte gesunde Ernährung stärker in den Mittelpunkt gestellt werden. Es reiche nicht, wenn ab und an ein Fernsehkoch zum Schaukochen vorbeikomme. Peiritsch will sich auch im Bundeselternrat dafür einsetzen, dass der Bund dem Land dafür mit Geld zur Seite stehen müsse.

Nach Angaben der Bundesregierung betrügen die Folgekosten falscher Ernährung allein in Deutschland jährlich 70 Milliarden Euro, sagte Peiritsch. Ein Bruchteil davon würde reichen, um alle Schulen mit eigenen Küchen auszustatten. In der Tat hatte die Bundesregierung im Jahr 2007 dem Übergewicht, auch und besonders bei Kindern, den Kampf angesagt, und beschlossen, „die Vermittlung von Wissen über Ernährung und Bewegung möglichst früh zu beginnen und lebenslang fortzusetzen“. In diesem Zusammenhang bezifferte sie die Kosten ernährungsbedingter Krankheiten jährlich auf 70 Milliarden Euro. Die volkswirtschaftlichen Kosten durch vermehrte Krankheitstage und verringerte Leistungsfähigkeit nicht eingerechnet.

Der Zusammenhang zwischen Kostendruck und Qualität ist auch in Berlin unübersehbar: Erst im September war eine Studie zur Qualität des Berliner Schulessens veröffentlicht worden, deren Ergebnis lautete, das Essen sei zu billig, um gut zu sein. Im Schnitt kostet ein Schulessen 1,97 Euro, da ist die Großcaterer-Lösung vielfach die einzig mögliche. Das Ergebnis – verseuchte Tiefkühl-Erdbeeren aus China statt heimischer Äpfel und Pflaumen – bringt auch die Grünen in Rage. Ihr Bildungspolitiker Özcan Mutlu unterstützte Peiritsch in seinem Vorstoß. „Man sollte überall, wo es geht, wieder Schulküchen einrichten. Das ist auch gut für die regionale Landwirtschaft und die CO2-Bilanz“, so Mutlu. Er kritisierte auch, dass es Eltern unmöglich gemacht werde, freiwillig mehr zu zahlen und dafür an ihrer Schule den Caterer selbst auszusuchen. Stattdessen müsse jeder Bezirk das Schulessen europaweit ausschreiben. Der Senat sei jetzt in der Pflicht, aus der Studie Schlüsse zu ziehen.

Dort wird angeblich auch schon „mit Hochdruck“ an einem Qualitätskonzept gearbeitet. „Wir wollen so schnell wie möglich einen Drei-Stufen-Plan vorlegen“, sagte die Sprecherin der Bildungsverwaltung, Beate Stoffers. So solle schon bei Vertragsabschluss die Qualität durch entsprechende Bedingungen gesichert werden. Die Caterer sollten möglichst zur Einhaltung von Qualitätsstandards verpflichtet und dies dann auch kontrolliert werden. Wann man mit dem Konzept rechnen könne, sei unklar. Sicherlich könnte auch zum Ergebnis gehören, dass das Essen teurer werden müsse.

Die Zahl der Schulküchen zu erhöhen, hält die CDU für einen unrealistischen Plan. „Wir schieben bei der Schulsanierung einen dreistelligen Millionenbetrag vor uns her“, sagte die CDU-Bildungspolitikerin Hildegard Bentele. „An vielen Schulen fehlen funktionierende Toiletten und dichte Fenster, der Sanierungsstau ist so riesig – einen Spielraum für neue Küchen sehe ich da gar nicht.“ Die Kinder seien ja versorgt durch die Caterer. Mehr Transparenz und Qualität beim Schulessen seien zwar wünschenswert, aber die Prioritäten lägen derzeit woanders. Fatina Keilani

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