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Neubau in der Innenstadt. An der Flottwellstraße am Gleisdreieck sind viele Häuser entstanden.

© Doris Spiekermann-Klaas

Nach der Tempelhof-Entscheidung: „Wir müssen aufhören, uns selbst zu lähmen“

Wie geht’s weiter nach der Tempelhof-Entscheidung? Unsere Debatten-Serie zur Berliner Stadtentwicklung geht in die dritte Runde: Stefan Evers von der CDU schreibt, was die Berliner rot-schwarze Koalition falsch macht – und wie sie auf die Bürger zugehen will.

Der erfolgreiche Volksentscheid ist eine Zäsur für die Stadtentwicklungspolitik in Berlin. Es ist nicht gelungen, die Menschen von der Notwendigkeit einer Randbebauung am Tempelhofer Feld zu überzeugen. Damit ist nach meiner festen Überzeugung eine Chance für die Stadt vertan. Und wir werden uns im Rückblick kritisch damit auseinandersetzen müssen, warum das Misstrauen gegenüber den Planungen des Senats so stark ausgeprägt war.

Trotzdem ist und bleibt das Tempelhofer Feld ein Zukunftsthema, mit dem die Stadtentwicklungspolitik verantwortungsvoll umgehen muss. Dazu gehört, sich jetzt nicht in die Schmollecke zurückzuziehen. Das neue Volksgesetz zum Tempelhofer Feld erlaubt nicht viel – aber es bietet durchaus Möglichkeiten, das Feld weiterzuentwickeln. Das haben die Träger des Volksbegehrens auch noch einmal im Tagesspiegel betont. Und ich nehme sie beim Wort.

Fordert mehr Nachdenken über Berlins Zukunft: Stefan Evers (CDU).
Fordert mehr Nachdenken über Berlins Zukunft: Stefan Evers (CDU).

© promo

Der Senat ist aufgefordert, nun rasch auf die Vertreter der Initiative zuzugehen und auf der Grundlage des Volksgesetzes zu besprechen, welche Entwicklung möglich sein soll und wie wir die Möglichkeiten des Gesetzes in einem von breiter Bürgerbeteiligung getragenen Verfahren nutzen können. Dafür müssen beide Seiten einander ernst nehmen. Vielleicht wird das Tempelhofer Feld auf diese Weise ja doch noch ein Musterbeispiel für Stadtentwicklungspolitik von unten. Einen Beitrag zur Lösung des Wohnungs- und Mietenproblems allerdings wird es nun nicht mehr leisten können. Das ist und bleibt die bittere Nachricht des Wahlsonntags.

Gemeinsam sind wir deshalb gefordert, den Ausfall des auf dem Tempelhofer Feld geplanten Wohnungsbaus zu kompensieren. Der Verlust des Potenzials am Rand des Feldes ist für unsere Mietenpolitik zwar ein herber Rückschlag, aber wir fangen nicht wieder bei Null an.

10.000 bezahlbare Wohnungen pro Jaht für Berlin

Die Koalition hat an vielen Stellen die Weichen gestellt, um Wohnungsmangel und steigenden Mieten in Berlin entgegenzuwirken. Wir haben die Liegenschaftspolitik neu ausgerichtet - mit einem klaren Schwerpunkt beim sozial verträglichen Wohnungsneubau. Das Wohnungsbauförderprogramm von 320 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre wird dazu beitragen, rund 10 000 neue Wohnungen pro Jahr in einem sozialverträglichen Mietsegment von 6 bis 8 Euro pro Quadratmeter zu errichten.

Wir haben die Bezirke mit zusätzlichem Fachpersonal ausgestattet und eine sogenannte „Sprinterprämie“ für schnelle Baugenehmigungen auf den Weg gebracht. Das Zweckentfremdungsverbot-Gesetz wird dazu beitragen, dass der Ausbreitung von Ferienwohnungen Einhalt geboten werden kann. Eine strenge Kappungsgrenze bremst inzwischen steigende Mieten und die Möglichkeit von Eigenbedarfskündigungen haben wir drastisch erschwert

Wir müssen aufhören, uns selbst zu lähmen

Natürlich können und müssen wir noch besser werden – jetzt erst recht! Beispielsweise bei der Übertragung landeseigener Grundstücke an die Wohnungsbaugesellschaften kann es sicher schneller vorangehen. Der Wohnungsbestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaften soll auf 300 000 Wohnungen erhöht werden, bis jetzt sind wir bei etwa 270 000. Wir müssen aufhören, uns dabei unnötig selbst zu lähmen. Vor allem das Tauziehen zwischen den Senatoren für Finanzen und Stadtentwicklung muss ein Ende haben. Die CDU-Fraktion steht bereit, eine Politik für bezahlbare Mieten mit aller Kraft voranzutreiben.

Der Volksentscheid zeigt auch, dass diese Politik nur mit den Menschen gemeinsam erfolgreich sein kann! Wir brauchen ein breites Bündnis in einer wachsenden Stadt. Vor allem für den so dringend notwendigen Wohnungsneubau braucht es größere Akzeptanz. An unseren Ideen und an unserer Unterstützung für eine stärkere bürgerschaftliche Mitverantwortung hat es nie gefehlt. Vielleicht wächst ja in der Folge des Volksentscheids die Bereitschaft in der Koalition, diese Ideen konsequent umzusetzen.

Ich wünsche mir, dass die großen Entwicklungsvorhaben unserer Stadt Gegenstand eines „Berlin-Forums“ werden, in dem Politik und Stadtgesellschaft auf Augenhöhe miteinander diskutieren und gemeinsam politische Grundsatzentscheidungen vorbereiten. Unser Vorschlag dafür liegt seit 2012 auf dem Tisch – entwickelt unter anderem mit Experten aus der Stiftung Zukunft Berlin, der Initiative „Think Berl!n“, Stadtplanern und –soziologen. Darauf lässt sich aufbauen.

In unserer Reihe schrieben bislang: Jan Stöß, Landesvorsitzender der SPD, und Julius Dahms, Mitglied der Bürgerinitiative "100 Prozent Tempelhofer Feld"

Stefan Evers

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