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Nach Wowereits Wiederwahl: Geheimsache Regierungsbank

Klaus Wowereit will am Montag bekannt geben, welche Senatoren ins Rote Rathaus einziehen. Selbst die als sicher gesetzt geltenden Kandidaten werden allerdings langsam nervös.

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„Es wird Überraschungen geben!“ Diesen Satz lässt der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller seit ein, zwei Wochen regelmäßig fallen. Er meint damit das Personal für den neuen Senat, jedenfalls soweit es die Regierungsmitglieder betrifft, die von den Sozialdemokraten gestellt werden. Die Auswahl obliegt dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der sich seit zehn Jahren einen Sport daraus macht, die Namen so lange wie möglich geheim zu halten. Erst am Montag wird das Geheimnis gelüftet.

Der Kreis derer, die wirklich etwas wissen, ist also denkbar klein. Selbst jene Politiker, die laut öffentlicher Meinung als „gesetzt“ gelten, warten so nervös auf das Ja-Wort Wowereits wie Fußballspieler auf den Anruf des Nationaltrainers. Das gilt für Dilek Kolat, bisher noch Vize-Fraktionschefin der SPD, die als künftige Arbeits- und Integrationssenatorin gehandelt wird. Das gilt auch für den Finanzsenator Ulrich Nußbaum, der allerdings mit seinem gut gehenden Fischfangunternehmen in Bremerhaven notfalls auf die Politik verzichten könnte. Nur Michael Müller, Freund und enger Vertrauter Wowereits, genießt eine Sonderstellung. Er darf sich aussuchen, was er werden will, soweit es in der Macht des Regierenden steht. Zum Beispiel Stadtentwicklungssenator.

Allerdings weiß Wowereit, dass er die Frauenquote erfüllen muss. Mindestens zwei Senatorinnen, vielleicht noch eine Chefin der Senatskanzlei und möglichst viele Staatssekretärinnen, damit die SPD-Frauen zufrieden sind. Also benötigt er noch eine Bildungssenatorin, und wenn er die nicht findet, muss er so lange puzzeln bis die Quote stimmt. In einem solchen Fall kann sich nicht einmal mehr Nußbaum sicher sein, im Amt zu bleiben. Zumal zwei Sozialdemokratinnen den Senat verlassen: Ingeborg Junge-Reyer und Gisela von der Aue.

Kommt vielleicht wieder jemand von außerhalb Berlins? Lesen Sie weiter auf Seite 2!

Nur auf eines kann man wetten: Bei jeder Senatsumbildung ist es dem Regierenden gelungen, auswärtige Fachleute für Berlin zu gewinnen: 2001 Finanzsenatorin Christiane Krajewski (Saarland), 2002 Finanzsenator Thilo Sarrazin (Rheinland-Pfalz), 2006 Bildungssenator Jürgen Zöllner (Rheinland-Pfalz) und 2009 mit Nußbaum wieder ein Finanzsenator. Jetzt sind Namen von Frauen im Gespräch, die in bundespolitischen Gremien der SPD bildungspolitisch aktiv sind: Etwa die frühere Ex-Bundeschefin der GEW, Eva Maria Stange; die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen oder die Hamburger Bildungsexpertin Britta Ernst. Und was ist mit der Berliner SPD-Bundestagsabgeordneten Eva Högl, Fachfrau für Arbeitsrecht und Europa? Sie könnte doch Arbeitssenatorin werden, Kolat macht stattdessen Finanzen.

Bisher sind das alles nur Theorien und Gerüchte. Wowereits Planungsreferent Björn Böhning, Mitglied des SPD-Bundesvorstands, könnte Chef der Senatskanzlei werden. Wenn da nicht die Frauenfrage wäre.

Verschwiegenheit gehört neuerdings auch in der Berliner Union zu den Tugenden, die man stolz und entschieden praktiziert. Vier Posten im Senat hat CDU-Landes- und Fraktionschef Frank Henkel zu besetzen. Seine Personalvorschläge werden dann, je nachdem, Folgen für weitere Ämter in der Partei und in der Fraktion haben.

Das beginnt bei ihm selbst: Sollte Henkel – das ist die Personalie, die am wenigsten vehement bestritten oder beschwiegen wird – Innensenator werden, muss ein neuer Fraktionschef her. Lange hieß es, dass Michael Braun nach diesem spannenden und anspruchsvollen Amt strebe. Der Anwalt führt den stärksten Kreisverband der Berliner CDU (Steglitz-Zehlendorf) und ist Henkels Intimus in Personalangelegenheiten. Neuerdings ist Braun als Justizsenator im Gespräch. Cornelia Seibeld, die Rechtsfachfrau der Fraktion, politische Herkunft: Steglitz-Zehlendorf, hatte mit Hinweis auf ihr noch nicht einmal ein Jahr altes Kind Angebote nicht angenommen. Sollte aber Braun Senator werden, stellt sich die Frage nach einem neuen Fraktionschef. Da ist von Florian Graf die Rede, dem Kreischef von Tempelhof-Schöneberg und Haushaltsfachmann der Fraktion. Die zweite, als halbwegs sicher geltende Personalie heißt Mario Czaja. Der Gesundheitsfachmann aus Marzahn-Hellersdorf soll wohl Gesundheitssenator werden. Und sonst? Der Wirtschaftssenator? Der Frauenanteil? Kaum einer weiß etwas, keiner sagt etwas.

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