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Berlin: Nachbarschaftsfest auf der Fanmeile

Hunderttausende sahen das Fußballspiel – und Berlin fiel in einen Freudentaumel nach dem Abpfiff

Mancher hatte schon gedacht, er könne Böller und Feuerwerk wieder einpacken, so lange ließ das deutsche Team gestern auf einen Treffer gegen Polen warten – aber dann, in der ersten Nachspielminute, fiel endlich ein Tor, und die Lunten wurden gezündet. Überall in der Stadt schossen Feuerwerke in Luft, zischten Böller, unten auf den Straßen zogen hupende Autos ihre Kreise, und die Fanmeile verwandelte sich in eine riesige Party. Sie war schon vor Spielbeginn so voll, das dort fast gar nichts mehr ging.

Auf der Straße des 17. Juni verfolgten laut Veranstalter rund 500 000 deutsche und polnische Fußballfans das Spiel ihrer Teams auf Leinwänden. Friedlich und ausgelassen ging es zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule zu. Befürchtete Auseinandersetzungen mit Hooligans blieben bis Redaktionsschluss aus. Die Polizei zeigte sich zufrieden. Nur vereinzelt gab es Rangeleien zwischen deutschen und polnischen Fans.

Aus Angst vor Krawall hatte die Berliner Polizei gestern gut 4000 Beamte aufgeboten – ebenso viele wie am Dienstag, beim ersten WM-Spiel in Berlin. Gesamteinsatzleiter Jürgen Klug sprach am Nachmittag von einer „deutlichen Reisebewegung“ polnischer Fußballfans, die jedoch bis mittags vor allem „an Berlin vorbei“, Richtung Dortmund, ging. Dort kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen deutschen Hooligans und der Polizei. Im Lauf des Tages hatte die Polizei 60 mutmaßliche Hooligans aus Polen vorsorglich festgesetzt. Insgesamt sind für das WM-Spiel des polnischen Teams etwa 15 000 Fans eingereist, ein Dutzend sei an der Grenze zurückgewiesen worden.

In Berlin blieb es dann bis zum späten Abend friedlich. Deutsche und polnische Fans hatten sich mit ihren Nationalfarben dekoriert. Auch viele schwedische Fans mischten waren auf der Fanmeile. Probefeiern sozusagen: Die blau-gelben Fußballfans sind heute Abend dran. Dann spielt ihre Mannschaft spielt ihr erstes WM-Spiel im Olympiastadion, um 21 Uhr gegen Paraguay.

Nach einer Woche WM-Einsatz zog Einsatzleiter Klug eine ausgesprochen positive Bilanz. Die 86 Festnahmen und knapp 100 Anzeigen seien nur „Randerscheinungen“ eines großen, friedlichen Festes, sagte der Beamte, „auf dem Münchener Oktoberfest ist an jedem Abend mehr los“. Wegen Verstoßes gegen das Markengesetz nahm die Polizei am Dienstag fünf Personen fest. Zeugen hatten beobachtet, wie ein Mann am Rande des Fanfestes nicht lizenzierte gefälschte WM-T-Shirts an Händler verteilte, die diese weiterveräußern wollten.

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