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Leere Schaukeln auf dem Spielplatz.

© Andreas Klaer

Nachbarschaftsstreit in Potsdam: Kampf um den Spielplatz

Der Nachbarschaftsstreit um einen Spielplatz im Potsdamer Wohngebiet Ruinenbergkaserne eskaliert. Nachdem das Wohnungsunternehmen das Areal einzäunte und Nichtmietern den Zutritt verwehrte, beschimpfen sich jetzt die Anwohner gegenseitig.

Die Frage empört den älteren Mann immer noch. „Was wollt ihr alten Kinderhasser?“ So hätten ihn einige Eltern genannt, berichtet der 67-Jährige, der einer der Mieter in der Kurt-von-Plettenberg-Straße ist, mitten im Wohngebiet Ruinenbergkaserne. Von seinem Balkon sieht er jenen mit einer Kletteranlage ausgestatteten Spielplatz, der in den vergangenen Wochen nach einem Tagesspiegel-Bericht zu einem kleinen Politikum geworden ist. Im Frühjahr wurde dort ein Zaun hochgezogen, ein Schild verkündet, dass nur Kinder aus den angrenzenden Häusern des Wohnungsunternehmens Semmelhaack dort spielen dürfen.

Das Problem: In den 160 Semmelhaack-Wohnungen leben nur eine Handvoll Kinder, dafür vor allem ältere Paare und Singles. Der jetzt eingezäunte und abschließbare Spielplatz wird also – obwohl gut ausgestattet – kaum genutzt. Und das zum Ärger von anderen Eltern im Wohngebiet, die ihre Kinder dort gern spielen lassen würden. Inzwischen war bereits das ZDF vor Ort, ein Boulevardblatt verlieh den Titel „Spielplatz der Schande“.

Und der Konflikt vor Ort eskaliert zusehends. Der Anwohner, den einige Eltern nach seiner Darstellung Kinderhasser oder wahlweise auch Stasi-Genosse nannten, erzählt: „Bevor der Spielplatz eingezäunt wurde, waren manchmal 20 Erwachsene und Kinder – und sie haben provoziert, beleidigt und gedroht.“ Als zuletzt im Juni auf dem Spielplatz eine Party gefeiert wurde, habe er sogar eine Strafanzeige wegen Beleidigung erhalten – die er mit einer Anzeige wegen Nötigung konterte. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Potsdam bestätigte, dass nun ermittelt werde.

Die Stimmung in dem Neubauviertel ist aufgebracht, vielen fehlt für die älteren Anwohner jedes Verständnis. Eine Mieterin erzählt, das Kinderareal stehe den ganzen Tag unter der argwöhnischen Aufsicht seiner Gegner. „Wer nicht Semmelhaack-Mieter ist, wird beschimpft und es werden Beweisfotos von spielenden Kindern gemacht.“ Beim Tagesspiegel meldete sich eine Großmutter, deren Tochter am Spielplatz wohnt: „Wenige terrorisieren ein Wohngebiet, verschwenden Kraft und Zeit für ihre egoistischen Interessen und haben wohl vergessen, dass sie selbst einmal Kinder waren.“ Vor allem durch eine ältere Dame komme es ständig zu lautstarken verbalen Angriffen gegen Eltern und Kinder.

Zu den Gegnern des Spielplatzes gehört eine resolute ältere Dame, früher bei der Justiz in Berlin beschäftigt. Seit einem Dreivierteljahr lebt sie am Spielplatz, der knapp fünf Meter von ihrer Wohnung im Erdgeschoss entfernt liegt. „Wir haben nichts gegen Kinder – ich habe selbst welche“, sagt sie. Doch manchmal seien auf dem Spielplatz Kinder aus dem ganzen Wohngebiet samt Eltern erschienen, wegen der geringen Abstände sei das zu laut. „Wenn wir das gewusst hätten, wären wir nicht hierher gezogen“, sagt die 64-jährige Rentnerin. Bei Beschwerden habe sie zu hören bekommen: „Ziehen Sie doch in ein Altersheim.“ So habe sich die Frau schließlich bei ihrem Vermieter Semmelhaack beschwert.

Bei dem Unternehmen verteidigt man den Zaun. „Wir mussten zum Schutze der berechtigten Interessen unserer Mieter reagieren“, sagte Firmensprecher Hartmut Thede. Zudem verweist er auf andere öffentliche Spielplätze in der Nähe.

Für Potsdams SPD ist das kein Argument, sie will eine aus ihrer Sicht bestehende Lücke in der Spielplatzsatzung schließen. Dort ist vorgesehen, dass beim Bau von Gebäuden mit mehr als vier Wohnungen auch ein Kinderspielplatz zu errichten ist. Nun soll ein neuer Satz präzisieren: „Spielplätze, die nach Maßgabe dieser Satzung errichtet wurden, sind öffentlich zugänglich.“ Doch dagegen hat die Stadtverwaltung rechtliche Bedenken.

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