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Sorgte für Stimmung in der Bude.

© Imago

Nachruf auf Achim Mentzel: Stimmungskanone mit Wuschelkopf

Der Unterhaltungskünstler Achim Mentzel ist im Alter von 69 Jahren überraschend verstorben. Ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt werden vermutet.

Achim Mentzel, dieser kleine Pfiffikus, dem der Humor ins Gesicht geschrieben war, galt immer als Stimmungskanone und Tausendsassa. Wo er auftrat, war Leben in der Bude und Feuer unterm Dach. Manchmal dachte man, der Eberhard Cohrs sei wiederauferstanden, aber Mentzel tat viel mehr als der Kleene mit der großen Gusche – er sang, musizierte, plauderte, moderierte. Ein Mann, der ohne Scheinwerferlicht und Musik nicht leben konnte.

Gestern Mittag starb er im Alter von 69 Jahren in einem Cottbuser Klinikum. Ein Schlaganfall oder ein Herzinfarkt werden vermutet, am Vormittag habe sich Mentzel schlecht gefühlt und Atemprobleme bekommen, bestätigte Mentzels Frau Brigitte der „Bild“. Der Unterhaltungskünstler war viermal verheiratet und hinterlässt acht Kinder.

Kehrte zurück in den Osten

Mentzel hatte in Ost-Berlin Polsterer und Dekorateur gelernt, sich aber sehr bald der Musik verschrieben. In den Sechzigerjahren gründete er voller Unternehmenslust und Tatendurst das „Diana-Show-Quartett“, wechselte in den Siebzigern zum Lindenberg-Sextett und dann zur Formation von Alfons Wonneberg.

Die durfte 1973 nach West-Berlin, und weil es dort so schön war, machte sich Achim Mentzel flugs aus dem Staub und blieb „drüben“, was ihm die Genossen von der Unterhaltungsbranche Ost schwer verübelten. Aber siehe: Nach ein paar Monaten war er wieder da, der Achim, ein Berliner Kindl, dem wohl die Szene im bröckelnden Putz an den Häusern von Prenzlauer Berg fehlte und so das Heimweh in die Glieder trieb.

Die Genossen waren allerdings nicht besonders amüsiert, setzten ihn auf die „Republikflucht“-Anklagebank und verpassten dem verlorenen, aber reumütigen Sohn eine zehnmonatige Gefängnisstrafe, die aber zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Wo Mentzel war, war Stimmung

Danach, ab 1975, zeigte es Achim allen, als er sich in den Kollektiven bekannter Bands tummelte und bewies, was in ihm steckt: mit Nina Hagen bei „Fritzens Dampferband“ und dann auch im Fernsehen, bei „Achims Hitparade“. Im Fernsehen moderierte er auch, nach der Wende, die Castingshow „Herzklopfen kostenlos“, mit der noch in der DDR der Unterhaltungskünstler Heinz Quermann ohne Brimborium junge Talente entdeckte und an die Mikrofone beförderte.

Wo Mentzel war, war Stimmung. Hinter der raubeinigen Fassade war ein weicher Kern. Wir werden den Wuschelkopf mit dem Schnauzer wahrscheinlich in Endlosschleifen im darin geübten MDR wiedersehen. Wiederhören kann man ihn, sobald endlich der Ball wieder rollt: Sein Lied von der Stimmung in der Alten Försterei („hey, hey, hey Union“) schallt durch den Wald, ehe Mentzels Sangesfreundin Nina Hagen durchs Stadion schreit. So treffen sich die beiden wieder, irgendwie.

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