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© dpa

Nachruf: Ballmann schrieb deutsche Fernsehgeschichte

Es war eine typisch deutsch-deutsche Karriere, die Herbert Ballmann hinter sich brachte: vom kunstverrückten Kriegsgefangenen über den umstrittenen Defa-Regisseur bis zum erfolgreichen Filmproduzenten in West-Berlin und, später, Babelsberg. Am Freitag wird er in Nikolassee beerdigt.

Er schuf Berliner Ikonen wie die drei „Damen vom Grill“ oder den von Günter Pfitzmann verkörperten „Havelkaiser“ und gewann für „Einmal Ku’damm und zurück“ den Ernst-Lubitsch-Preis. Am Freitag, 12 Uhr, wird Ballmann, der vor zwei Wochen im Alter von 84 Jahren gestorben war, auf dem Friedhof Nikolassee beerdigt.

Kreativ war der gebürtige Duisburger schon, bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Nach dem frühen Tod seiner Eltern war er mit 14 Jahren zu Verwandten nach Berlin gekommen, legte 1942 das Kriegsabitur ab, bestand die Aufnahmeprüfung als Schauspielschüler am Schiller-Theater und meldete sich zur Luftwaffe, um der Einberufung zur SS zu entgehen. Als Kriegsgefangener in einem Lager nördlich von Moskau baute er ein litararisches Kabarett auf und gründete eine Theatergruppe, wurde dann 1949 Regieassistent bei der Defa.

Bereits seine ersten Regiearbeiten – „Das Traumschiff“ und Erwin Strittmatters „Tinko“ – galten im DDR-Sprachgebrauch als „zu naturalistisch“ und wurden kritisiert, sie berücksichtigten das „neue Leben in der DDR“ zu wenig. Die Stasi legte eine dicke Akte an.

1957 entzog man ihm den Regieauftrag für den Spielfilm „Haus im Feuer“, der die Begegnung zwischen einem deutschen und einem russischen Soldaten während des Zweiten Weltkriegs erzählte. Der Grund: Er hatte seine Frau, die nach West-Berlin umgesiedelte Schauspielerin Gisela Uhlen, als Hauptdarstellerin durchsetzen wollen. Zwei Jahre später verließ er die DDR, zog zu Uhlen und startete eine neue Karriere als Regisseur am Schiller-Theater.

Doch sein Lebensinhalt wurde das Fernsehen: Er entwickelte Stoffe für Dokumentationen wie „Interview mit Herbert K.“ über die Rückkehr eines Häftlings in die Gesellschaft, verfilmte Literatur wie Fontanes „Jenny Treibel“ mit Maria Schell, profilierte sich zunehmend mit Lustspielen wie „Der Schuss nach hinten“ mit Heidi Kabel und Willy Millowitsch und wechselte nach 1978 zunehmend ins Produktionsfach. „Einmal Ku’damm und zurück“, die auf Tatsachen basierende Liebesgeschichte zwischen einer Sekretärin und dem Koch der Schweizer Botschaft in der DDR, wurde sogar zum Kinoerfolg und machte die Hauptdarstellerin Ursela Monn bekannt. „Drei Damen vom Grill“, die vom ihm produzierte TV-Serie mit Brigitte Mira und Brigitte Grothum, die das schräge Leben in der Enklave West-Berlin liebevoll protokollierte, lief von 1976 bis 1991 und wurde sogar in Australien gezeigt.

Nach dem Mauerfall kehrte Ballmann nach Babelsberg zurück, wo seine Karriere begonnen hatte. Dort setzte er die Produktion der Serie „Praxis Bülowbogen“ fort, die 1987 bis 1996 mit 107 Folgen im ARD-Programm lief und Günter Pfitzmann bundesweit populär machte. Drei Folgen des „Havelkaisers“ mit Pfitzmann und Rosemarie Fendel in den Hauptrollen waren Ballmanns letzte Regiearbeit 1998. Sein Credo verriet er damals dem Tagesspiegel: „Es muss möglich sein, spannende, rührende Unterhaltung zu machen, ohne Leichen und ohne Nutten.“ bm

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