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Berlin: Katharina Szelinski-Singer (Geb. 1918)

Ihr Kommentar zu ihrer Arbeit: "Stein und Mensch"

Künstler sind oft eitle Menschen, fragen sich, welchen Rang sie einnehmen, entwickeln Strategien, Beifall und Lob zu erringen, bestehen auf Eigenart und Unverwechselbarkeit.

Katharina Szelinski-Singer hatte nicht die Absicht, Unverwechselbares zu schaffen. Sie formte ihre Werke nicht, um auf dem Podium zu stehen. Und geriet folgerichtig ins Abseits des Kunstbetriebes. Man erkennt, dass die etwa einhundert Skulpturen und Plastiken im 20. Jahrhundert entstanden, würde sie jedoch nicht der Moderne zurechnen. Katharina Szelinski-Singers Arbeiten gelten in den Augen der Kunstkritiker als antiquiert. Um die Sensation geht es im Kunstbetrieb, um den Skandal, nicht um Bescheidenheit. Katharina Szelinski-Singer mochte Ausstellungen nicht, sie scheute die Öffentlichkeit. Denn das Öffentliche sinkt ins Unwahre und täuscht das Publikum. Menschen wie sie, offen und unverstellt, so ein ihr zugeneigter Kunsthistoriker, braucht die Gesellschaft vielleicht als Krankenschwester, nicht aber als Künstler. Die Berliner Museen hätten eine große Furcht, als provinziell zu gelten, und kümmerten sich daher viel zu wenig um die Berliner Künstler.

Seit 1945 lebte und arbeitete Katharina Szelinski-Singer in Berlin. Erst 1987 erhielt sie eine Einzelausstellung. 1955 wurde ihr Denkmal zur Würdigung der Berliner Trümmerfrauen im Volkspark Hasenheide eingeweiht. Danach gewann sie Preise, stellte weitere Figuren im offiziellen Auftrag her. Sie stehen auf dem Parkfriedhof in Neukölln oder dem Wartburgplatz in Schöneberg, kaum zu sehen, halb verdeckt von Bäumen und Büschen.

Die Aufträge und Auszeichnungen der frühen Jahre versprachen eine Karriere, die jedoch ausblieb. „Man bevorzugte die abstrakten Tendenzen“, sagte Katharina Szelinski-Singer in einem Interview. „Dieser Kunstrichtung konnte ich mich nicht anschließen.“ Um Geld zu verdienen, arbeitete sie als Restauratorin im Schloss Charlottenburg.

Stein war das bevorzugte Material, aus dem sie ihre Figuren formte, rund die Frauenköpfe und Frauenkörper. „Wenn ich einen Kommentar zu meiner Arbeit geben soll, fallen mir zuerst die Begriffe ‚Stein‘ und ‚Mensch‘ ein.“

Auf ihrem Schreibtisch stand die Figur „Diabas“: Eine Frau stützt ihren Kopf auf die rechte Hand, das volle Haar ist kaum bearbeitet, die Struktur des Steins, den sie auf einem Trümmerberg gefunden hatte, beibehalten, was eine Spannung erzeugt zu den sanften Gesichtszügen, zu den Augen, die melancholisch am Betrachter vorbeiblicken. Eine weiße Gesteinsader durchzieht das Gesicht, bricht die Anmut.

Eine andere Frauenfigur, „Moritat“ betitelt, setzt sich eine Pistole an den Kopf. Vielleicht ist diese Pistole aber auch nur ein Fön, es ist, als wehe das Haar weg vom Kopf; in jedem Fall hält die Figur den Gegenstand zu hoch; die pathetische Deutung löst sich in Humor auf.

Nie hat sie ihre Frauenfiguren als Selbstbildnisse betrachtet. Doch, so der Kunsthistoriker, wie ein Apfelbaum nur Äpfel hervorbringen kann, schuf Katharina Szelinski-Singer Frauen, die ihr selbst ähnelten.

Was mit ihrem künstlerischen Nachlass geschehen wird, ist nicht geklärt. Ein Werkverzeichnis ihrer Arbeiten liegt bisher nicht vor.

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