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Wo darf eigentlich noch geraucht werden? Und wo nicht?

© dpa

Nachtleben: Der Schutz vor Zigarettenrauch bleibt in den Clubs nebulös

So richtig blickt da eigentlich keiner mehr durch. Ist die Zigarette zum Bierchen im Club nun erlaubt – oder eben nicht? Dabei gibt es seit mehr als vier Jahren das Nichtraucherschutzgesetz, das Klarheit in Sachen blauer Dunst bringen müsste. Doch meist sieht es anders aus.

Das Bündnis „Frische Luft für Berlin“ hatte davon die Nase voll und schritt selbst zur Tat: Die passionierten Nichtraucher beauftragten Mitarbeiter der Technischen Universität, eine Studie über den tatsächlichen Zustand in Berlins Clubs, Diskotheken und Tanzlokalen zu erheben. Also zog der Leiter der Mission, Elmar Väth, mit seinen Kollegen in geheimer Mission an drei Wochenenden im Spätherbst durch die Clubszene Berlins und sah sich um. Die verdeckten Ermittler waren von 23 Uhr bis um 4 Uhr morgens unterwegs, eine Stunde Zeit blieb für jedes Objekt.

Doch wo fängt man an? In Berlin gibt es hunderte von Clubs, gefühlt sogar mehr. Also durchforstete das Team um Väth das Internet auf der Suche nach klassischen Diskotheken. „Klassisch“ bedeutet, sie sind regelmäßig geöffnet. Letztendlich kamen Forscher auf eine Zahl von 247, daraus wiederum wählten sie 100 per Zufallsgenerator aus. Die meisten Kontrollen fanden in Mitte, Friedrichshain und Kreuzberg statt – schließlich gibt es dort die meisten Clubs. So geheim, wie die Kontrollen waren, so verschwiegen gehen die Ermittler mit den Adressen um. „Wir wollten keinen Club an den Pranger stellen“, sagte Väth.

Was sich den Feldforschern dann offenbarte, hätte keiner von ihnen vorausgesagt: In 92 der besuchten Clubs wird geraucht, in 76 sogar illegalerweise. Manche tarnen sich als Raucherlokal, obwohl sie dafür zu groß sind. Denn die Lizenz wird nur bis 75 Quadratmeter Ladenfläche erteilt. Alle anderen müssen einen separaten Raucherraum einrichten, mit Tür und Abzugshaube. Für Kontrollen sind die Ordnungsämter zuständig. Doch diese haben ohnehin genug zu tun.

Teile der Politik und die selbsternannten Vertreter der Nichtraucher fordern deshalb Konsequenzen. „Diese Studie zeigt: Wir brauchen ein Gesetz, das gar keine Ausnahmeregelungen mehr zulässt. Weder Raucherlokale noch abgetrennte Räume in Diskotheken sollen erlaubt sein, und zwar bundesweit. Nur so können wir die Lobbyarbeit hintertreiben“, erklärt Lothar Binding. Er sitzt für die SPD im Bundestag und hat die nahende Wahl im Blick. 

Die Clubbetreiber wissen bis dato nichts von den geheimen Ermittlungen – und sollen es auch nicht unbedingt erfahren. Vielmehr wolle man in Ruhe über neue Gesetzesentwürfe nachdenken, sagte SPD-Mann Binding.

Der Vorstandsvorsitzende der Clubkommission, Olaf Müller, misst der Überprüfung nicht besonders viel Bedeutung bei. Einseitig sei die Studie. „Woher wissen wir denn, dass korrekt kontrolliert wurde?“ Raucher könne man eben nicht aus Berlin vertreiben und ebenso wenig vor der Tür stehen lassen. Dann beschwere sich wieder der Nachbar und „wir haben es mit Lärmschutz zu tun“. Wenn das so weitergeht, gebe es irgendwann keinen einzigen Club in dieser Stadt mehr. Und dann wäre Berlin nicht mehr Berlin.

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