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Berlin: Nächtliche S-Bahn-Irrfahrt endete mit Schießerei

Neue Dimension der Gewalt: Jugendliche rammten eine Streife. Andere Täter warfen mit einer Eisenstange, mit Möbeln und Flaschen

Eine mysteriöse Irrfahrt eines SBahn-Zuges der Linie S 46 endete am Samstagabend mit einer Schießerei zwischen dem Fahrer und der Polizei. Zuvor hatte der 19-jährige Mann offenbar durch einen Trick die Bahn übernommen und war damit unbefugt durch Berlin gefahren. Nach Mitteilung von Justizpressesprecherin Andrea Boehnke war der Mann, der eine Uniform ähnlich der S-Bahn-Dienstkleidung getragen haben soll, auf dem Bahnhof Baumschulenweg von einer Zugführerin angesprochen worden, ob er ihre Schicht übernehmen könne. Der Zugführerin war offenbar übel. Der Mann willigte ein und fuhr mit dem Zug los. Angeblich schöpfte die Frau später Verdacht, nach anderen Informationen wurden Bahnmitarbeiter auf einem Betriebsbahnhof in der Herrmannstraße auf den Mann aufmerksam. Sie hatten mit einer Fahrerin gerechnet.

Erst auf dem Bahnhof Storkower Straße, so die auch gestern Abend noch immer widersprüchlichen Informationen, konnte der Mann gestellt werden: Der Bundesgrenzschutz war mittlerweile alarmiert worden. Der Mann konnte sich nicht ausweisen, gab während der Fahrt mit den Beamten zu seiner angeblichen Wohnung unterschiedliche Anschriften an, so dass die BGS-Beamten die Berliner Polizei riefen. Bei der Überprüfung rannte der Mann fort, bedrohte die beiden ihn verfolgenden Beamten in der Lichtenberger Rudolf-Seiffert-Straße mit einer Waffe und schoss. Die Beamten erwiderten das Feuer, von drei Schüssen trafen zwei den Mann ins Bein und in die Brust. Er wurde operiert, ist außer Lebensgefahr. Der Mann ist Deutscher, nicht in Berlin gemeldet. Gegen ihn soll Haftbefehl bestanden haben. Seine Pistole erwies sich als Schreckschusswaffe.

Insgesamt gab es in der Nacht zu Sonntag vier Polizeieinsätze, bei denen Beamte massiv angegriffen wurden. An der Soldiner Ecke Koloniestraße im Wedding schleuderte ein Unbekannter um 21 Uhr eine angespitzte Stahlstange in eine Funkstreife, die gerade vor einer roten Ampel gestoppt hatte. Das Wurfgeschoss verfehlte die Halsschlagader eines 47-jährigen Polizeihauptmeisters am Steuer nur knapp – im Krankenhaus musste eine stark blutende Wunde am Hals versorgt werden. Der Beamte hatte zuvor mit einer Kollegin mehrere Knöllchen gegen Falschparker geschrieben. Nach Polizeiangaben wurden sie dabei weder bedroht noch beschimpft – aber offensichtlich beobachtet. Die beiden Beamten sollen „nicht mal aus dem Augenwinkel“ den Angriff vorher bemerkt haben. Die 50 Zentimeter lange angespitzte Stahlstange kam „einfach angeschossen“, wie ein Beamter sagte.

Es geschah im Soldiner Kiez – einem der berüchtigsten in der Stadt. Mehrere der spektakulärsten Schießereien spielten sich hier ab – in einem Viertel, in dem die Deutschen mittlerweile eine kleine Minderheit bilden. Türken und Araber schotten sich dort ab, und zwar vor allem vor der Polizei. Der Kontaktbereichsbeamte hatte es einmal so gegenüber dem Tagesspiegel formuliert: „Selbst ein Gespräch mit einem Falschparker ist nicht mehr möglich, weil man Angst vor Gewalt hat.“

Um 3 Uhr nachts wurde in Kreuzberg eine Einsatzhundertschaft aus einer Menge von 250 Personen heraus, die sich einem Haus an der Glogauer Straße aufhielten, mit Flaschen und Möbeln beworfen. Die Menge aus dem linken Spektrum feierte dort nach der Demonstration in Mitte eine Party – Anwohner riefen nach 1 Uhr wegen des Lärms die Polizei. Da die zunächst eingetroffenen Funkstreifen angesichts der äußerst aggressiven Stimmung keinen Erfolg hatten, rückte um 3 Uhr eine Hundertschaft an, die die Musikanlage beschlagnahmte. Zwei Polizisten, die von Flaschen und einem Blumenkasten getroffen wurden, mussten im Krankenhaus behandelt werden. Eine Frau wurde festgenommen.

Als in der Glogauer Straße in Kreuzberg gerade Ruhe eingekehrt war, mussten Zivilpolizisten in Tempelhof bei der Verfolgung von Autodieben um ihr Leben fürchten. Mit hoher Geschwindigkeit rammten ein 15- und ein 17-Jähriger mit einem gestohlenen Ford Fiesta auf der Flucht eine Zivilstreife. Die beiden deutschen Jugendlichen kletterten danach unverletzt aus dem Autowrack und flüchteten zu Fuß. Beide leisteten bei ihrer Festnahme auf dem Industriegelände an der Gottlieb-Dunkel-Straße gegen 3.45 Uhr erbitterten Widerstand. Ha/ac/weso/tabu

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