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Nahverkehr: S-Bahn ersetzt Aufsichtspersonal durch Kameras

Die S-Bahn will bis 2009 das Personal von allen Bahnhöfen abziehen und zugleich die Videoüberwachung einführen. Die Kameras müssen installiert werden, weil die Fahrer ihre Züge künftig überall selbst abfertigen.

Die Technik, zu der auch automatische Ansagen und Anzeigetafeln mit Informationen zur tatsächlichen Ankunft der nächsten Züge gehören, wurde auf dem Südring getestet und soll noch in diesem Jahr an zwölf Stationen der Ringbahn in Betrieb gehen. Bei einer Vorführung kündigte S-Bahn-Chef Tobias Heinemann an, dass die Kamerabilder 72 Stunden lang gespeichert und „bei Bedarf den Ermittlungsbehörden zur Verfügung gestellt werden“.

Statt der einst rund 900 Beschäftigten bei den Aufsichten sollen künftig knapp 125 Mitarbeiter in sogenannten Stammaufsichten plus ebenso viele mobile Kollegen ausreichen. 21 solcher Stammaufsichten sind für das Netz mit 165 Stationen geplant. Sie können die Videobilder der umliegenden Bahnhöfe sehen und das mobile Personal nach Bedarf losschicken. Außerdem sollen sie über die Info-Säulen auf den Bahnsteigen Fragen und Notrufe beantworten. Nach Auskunft von S-Bahn-Betriebschef Ulrich Thon dürfte sich die 42 Millionen Euro teure Investition in vier bis fünf Jahren rentiert haben.

Verkehrsstaatssekretärin Maria Krautzberger lobte das neue System als „ganz großen Vorteil für die Kunden“. Auf Nachfrage schränkte sie ein, der Senat sehe die Umstellung „mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Aber wir tragen das mit.“ Welchen Service die S-Bahn ihren Kunden biete, sei Sache des Unternehmens. Während die Geschäftsführung die Technik als Gewinn für alle Beteiligten sieht, sind Kunden nicht immer glücklich darüber, wenn kein Personal auf dem Bahnsteig zu sehen ist.

Ein anderes Problem hat die S-Bahn offenbar gelöst: Während ein Sprecher noch Mitte Oktober erklärt hatte, dass auf dem Ring künftig keine Züge mit acht Wagen mehr fahren könnten, hieß es gestern: „Diese Information kam nicht von uns.“ Vor drei Wochen hatte es noch geheißen, dass die Kamerabilder auf den in Kurven gelegenen Bahnhöfen Prenzlauer und Frankfurter Allee bei acht Wagen für die Fahrer zu unübersichtlich würden. Diese Sechser-Züge sind zurzeit üblich auf dem Ring – und bei 400 000 Fahrgästen pro Tag oft überfüllt.

Die BVG hat bereits Mitte der 90er Jahre ihre Bahnsteigaufsichten abgezogen. Nach Auskunft von Sprecherin Petra Reetz „ist aber nach wie vor auf fast jedem Bahnhof jemand da – nur eben nicht immer sichtbar“. Es gebe allein rund 200 „Bahnhofsbetreuer“, die für je 5 bis 8 Stationen zuständig seien.

S-Bahn-Betriebsratschef Heiner Wegner sieht die Umstellung zwiespältig: Einerseits sei die Technik ausgereift, andererseits bekämen die Aufsichten oft schlechter bezahlte Ersatzjobs.

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