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Nahverkehr: S-Bahn gewinnt 100.000 Fahrgäste

Die BVG fährt wieder, aber jeder fünfte Bus fällt wegen fehlender Wartung aus. Der Verkehrsbetrieb manövriert sich bei den Berlinern weiter ins Abseits. Und die S-Bahn nutzt die Gunst der Stunde.

Vom längsten BVG-Streik seit Jahrzehnten könnte die S-Bahn auch langfristig profitieren. Auch gestern waren die rot-gelben Züge der Bahn deutlich voller als sonst. Am Montag, dem ersten Tag, an dem die BVG wieder fuhr, hatte die S-Bahn 100 000 Fahrgäste mehr als an normalen Werktagen gezählt – obwohl die Osterferien angefangen hatten. Offensichtlich wollen sich viele Berliner noch nicht wieder auf die BVG verlassen. Denn, wie berichtet, dürfen zwar die Fahrer wieder arbeiten, Werkstatt und Verwaltung dagegen werden bis auf eine minimale Notbesetzung weiter bestreikt. Das hat Konsequenzen: Am zweiten Tag des eingeschränkten Streiks fielen 20 Prozent aller Busse aus, allein 174 Busse konnten nicht betankt werden. In den kommenden Tagen könnten täglich weitere 15 Prozent der Busse ausfallen. Wie berichtet, will die BVG den Betrieb einstellen, „wenn es nicht mehr geht“. Schon Ostern werde es „schwierig“.

Nach Angaben von Experten werden die nächsten Wochen und Monate zeigen, wie stark die S-Bahn langfristig profitieren wird. BVG-Chef Andreas Sturmowski jedenfalls ist besorgt. „Verdi hat die Fahrgäste ja regelrecht trainiert, wie man ohne die BVG auskommt.“ Seit Jahren verliert die BVG Fahrgäste und die S-Bahn gewinnt dank neuer Strecken hinzu. So ist die Ringbahn oft der U-Bahn beim Tempo überlegen – wer bislang nur aus Gewohnheit BVG fuhr, musste nun zwei Wochen zwangsweise in die S-Bahn umsteigen. Ein BVG–Sprecher räumte ein, dass der Rückgang der Fahrgäste auch am Dienstag zu spüren war.

Die S-Bahn sieht sich deshalb als Gewinner, sagte ein Sprecher. Viele Berliner hätten durch den Streik neue, schnellere und bequemere Verbindungen kennengelernt. Vorteile der S-Bahn seien zudem die Fahrt über der Erde und die bessere Mitnahmemöglichkeit von Fahrrädern, sagte Konzernsprecher Ingo Priegnitz. „Und wir konnten alte Gewohnheiten aufbrechen“ – bei alten West-Berlinern nämlich, die bisher aus Tradition nur BVG fuhren. Bekanntlich war die S-Bahn bis 1984 auch in West-Berlin von der DDR betrieben worden – und wurde von vielen deshalb boykottiert. In einem Nahverkehrsforum im Internet heißt es zum Beispiel so: „Bin jetzt auf den Geschmack gekommen und bleibe bei der S-Bahn. Im Bus wird immer nur gepöbelt und geschubst.“ Die S-Bahn nutzt die Gunst und verzichtet in den Osterferien auf den sonst üblichen, ausgedünnten Ferienfahrplan. Wie es hieß, sei ein neuer totaler Streik bei der BVG nicht ausgeschlossen. Während des Streiks nutzten täglich bis zu zwei Millionen Menschen die S-Bahn, rund 500 000 mehr als vorher.

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