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Namenswahl: Kind darf Djehad heißen

Zivilgerichtlich konnte der Islamist Reda S. jetzt vor dem Kammergericht durchsetzen, dass er seinen Sohn "Djehad" – im Deutschen meist Dschihad geschrieben und mit "Heiliger Krieg" übersetzt – nennen darf. Strafrechtlich muss der 49-Jährige aber damit rechnen, demnächst vor Gericht zu stehen.

Zivilrechtlich konnte der Islamist Reda S. jetzt vor dem Kammergericht durchsetzen, dass er seinen Sohn „Djehad“ – im Deutschen meist Dschihad geschrieben und mit „Heiliger Krieg“ übersetzt – nennen darf. Strafrechtlich muss der 49-Jährige aber damit rechnen, demnächst in München vor Gericht zu stehen. Die dortige Staatsanwaltschaft hat vor wenigen Tagen Anklage gegen den gebürtigen Ägypter erhoben. Ihm und sieben weiteren Angehörigen aus der Islamistenszene wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung und Volksverhetzung vorgeworfen. Sie sollen vor allem das Ziel verfolgt haben, deutsche Islamkonvertiten zu radikalisieren, sowie islamistisches Propagandamaterial verbreitet und Schulungen organisiert haben, um sie für den „Heiligen Krieg“ zu gewinnen. Die Anklage fußt auf den Ermittlungen einer bundesweiten Razzia von April 2008, bei der umfangreiches Material beschlagnahmt wurde.

Wie das Kammergericht erst jetzt bekannt machte, hat es schon Ende Juni entschieden, dass der Name „Djehad“ unbedenklich sei. Reda S. hatte vor vier Jahren dagegen geklagt, dass das Standesamt Charlottenburg den Namen für seinen im Jahr 2005 geborenen Sohn ablehnte. Amts- und Landgericht gaben ihm recht. Dagegen ging Innensenator Ehrhart Körting (SPD) vor; er sah das Kindeswohl gefährdet: „Wenn ein Kind in Deutschland diesen Namen erhält, wird dies automatisch mit dem islamistischen Terrorismus in Verbindung gebracht.“ Das jetzige Urteil wollte Körting nicht kommentieren: Es sei höchstinstanzlich entschieden, und die Verwaltung werde dies umsetzen.

Bei dem Namen „Djehad“ handelt es sich nach Auffassung des Kammergerichts um eine im Arabischen auch als männlicher Vorname gebräuchliche Bezeichnung für die Verpflichtung eines Moslems, sich für die Verbreitung des Glaubens geistig und gesellschaftlich einzusetzen. Keinesfalls sei der Gebrauch „verunglimpfend oder anstößig“, urteilte das Kammergericht. Daran ändere auch nichts, dass radikale Islamisten in jüngster Zeit „den Begriff im Sinne eines bewaffneten Kampfes gegen Ungläubige auch mit den Mitteln des Terrors verwendeten“. Auch die Befürchtung, dass das Kind politisch instrumentalisiert und als Botschafter der politischen Einstellung der Eltern missbraucht werden könne, führe nicht zur Unzulässigkeit des Vornamens. Die Motive der Eltern als solche seien vom Gericht nicht zu beurteilen.

Auch bei der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe ist noch ein Verfahren gegen S. anhängig. Seit 2003 laufen nach Angaben eines Sprechers Ermittlungen gegen S. wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung. Vor fünf Jahren war Reda S., der seit 1993 deutscher Staatsbürger ist, mit seiner Frau und damals fünf Kindern aus der Nähe von Ulm nach Berlin gezogen. Das zuständige Landratsamt bezahlte seinerzeit dem Sozialhilfeempfänger einen Zuschuss zu den Umzugskosten. Sigrid Kneist

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