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Schlaf-Wabe. Vorbei das Nickerchen mit Ohrstöpseln und Verrenkungen auf Sesseln im Terminal oder am Gate. Passagiere können nun in schallgedämmten Napcaps relaxen. Hier zeigt Jörg Pohl ein Kabinchen.

© Franziska Felber

Napcaps im Flughafen Tegel: Ab in die Schlummerkapsel

Friedlich schlafen beim Zwischenstopp mitten im Flughafengetümmel – das ist jetzt in Tegel möglich. Reisende können sich in Napcabs flüchten: futuristische Mini-Hotels mit Bett, Tisch und vielen Raffinessen.

Die Kundschaft von Jörg Pohl ist manchmal sehr übernächtigt. Hin und wieder erreicht dann ein Fehlalarm sein Büro. „Hilfe, die Tür gehe nicht mehr auf!“ Die Kollegen wissen dann schon, was sie zu tun haben. „Haben Sie es schon einmal mit Ziehen versucht?“ In seinen Schlafkabinen sei noch niemand wirklich eingesperrt gewesen, sagt Jörg Pohl. Es habe höchstens mal jemand vor Übermüdung vergessen, in welche Richtung die Tür der winzigen Unterkunft aufgeht.

Viele seiner Kunden warten an Flughäfen auf ihre Anschlussflüge, Geschäftsleute wie Privatreisende. Damit sie nicht ihr Lager am Gate errichten müssen, ausgestreckt über ein paar Sitze oder gar auf dem Fußboden, mit Stöpseln im Ohr, bringt Jörg Pohl die sogenannten „Napcabs“ in die Terminals. Zwei dieser vier Quadratmeter großen Schlafkabinen mit Bett und Tisch stehen jetzt auch im Flughafen Tegel – im Konferenzbereich im dritten Stock. Hier können sich die Reisenden für ein paar Stunden ein kleines Stück Privatsphäre und eine Bettdecke kaufen. Abhängig von der Uhrzeit kostet die Stunde in der Napcab-Kabine zehn bis 15 Euro. Bezahlt wird per Kreditkarte.

Gedimmtes Licht und sanfte Musik

Ein großer Spiegel am hinteren Ende soll den Raum optisch vergrößern. Bei der Konstruktion hätten sie außerdem darauf geachtet, dass durch mehrere Spalte an den Rändern Licht hereinfällt, sagt Jörg Pohl. „Damit die Gäste sich orientieren können, wenn sie aufwachen.“ Nicht, dass jemand vergisst, wo er ist und dann in völliger Dunkelheit hektisch zu sich kommt.

Die Gäste können aber auch Fernsehen, Musik hören, das Handy aufladen, den Wecker stellen. Über einen Bildschirm am Fußende des Betts lassen sich Flugzeiten abrufen, kann man das Unterhaltungsprogramm steuern. Gedimmtes gelbes Licht und sanfte klassische Musik gibt’s zur Entspannung – beispielsweise die dynamischen Klänge von Vivaldis „Herbst“ zum Aufwachen.

Wie ein kleines Hotelzimmer

Ein junger Mann läuft an den Kabinen vorbei und guckt neugierig. Er wollte seinen Vater abholen, jetzt hat das Flugzeug Verspätung. An einer der beiden Kabinen ist vor der Glastür eine Jalousie heruntergelassen. „Occupied“ ist am Bildschirm zu lesen. „Die Kabine ist seit halb neun Uhr morgens belegt“, sagt Jörg Pohl. Einmal hat er eine ganze Familie mit Mutter, Vater und Kind aus einer Kabine kommen sehen. Sie hatten sich gemeinsam zurückgezogen. „Was die Leute darin machen, bleibt ja ihnen überlassen“, sagt Pohl. Nach der Nutzung kommt das Reinigungspersonal des Flughafens.

Kabinen zum Schlafen.
Kabinen zum Schlafen.

© Franziska Felber

Im ersten Monat, im August dieses Jahres, gab es in Tegel rund 30 Gäste, bis Mitte September hat Jörg Pohls Firma ebenfalls schon 30 Buchungen entgegengenommen. Die Idee zu den Schlafkabinen hatten Studenten der Technischen Universität in München. Eine Messebaufirma setzte sie um und stellte die neuen Kabinen erstmals in München auf. Weitere Standorte sollen folgen, auch die Vereinigten Staaten und die Arabischen Emirate haben Jörg Pohl und seine Kollegen auf dem Schirm. Für den neuen Hauptstadt-Flughafen BER in Schönefeld sind ebenfalls Kabinen in Planung. Aber da wartet das Napcab-Team erstmal ab, inwieweit die Pannenserie zu Ende geht.

Jetzt öffnet sich die Tür, heraus kommt eine Frau mit großer Reisetasche über der Schulter. Silvia, 38, ist um acht Uhr morgens aus Mailand in Berlin angekommen. Später fliegt sie weiter nach Madrid. Zweieinhalb Stunden hat sie jetzt in der Kabine ausgeschlafen. „Es ist eigentlich wie ein sehr kleines Hotelzimmer“, sagt sie.

Standort ist abgeschieden

Silvia arbeitet für eine Firma, die Haustiere durch die Welt fliegt. Gleich hat sie einen Termin am Tegel-Terminal. Hier in Berlin holt Silvia eine Katze ab, um mit ihr nach Madrid zu fliegen und sie dort neuen Haltern zu übergeben. Dann geht es zurück nach Italien.

Die Napcabs kennt Silvia schon vom Umsteigen am Flughafen München. Dort stehen acht der Minihotels direkt am Gate – ein wenig komfortabler für Leute mit Anschlussflügen. „Es dauert immer ein bisschen, bis wir auf den Flughäfen einen geeigneten Platz gefunden haben“, sagt Jörg Pohl. Der Standort bei den Konferenzräumen in Tegel ist sehr abgeschieden. Dafür gibt es in den Terminals zahlreiche Symbole mit Betten, die den Reisenden den Weg ins ungewöhnliche neue Schlafgemach weisen.

Auch Silvia kommt gleich zurück, samt Katze. Dann schließt sich die Tür erneut hinter ihr und gewährt Silvia und dem Tier nochmal einige Stunden Ruhe, bis es mit dem Jet Richtung Spanien weitergeht.

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