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Berlin: Nase zu und durch

Tradition verpflichtet: Norweger luden zum Lutefisk-Essen

STADTMENSCHEN

Er ist schon sehr lange tot, riecht dementsprechend streng, heißt Lutefisk und ist eine norwegische Spezialität, die in der Vorweihnachtszeit gegessen wird. Die in Berlin lebenden Norweger feierten ihren Lutefisk am Freitag zum fünften Mal mit einem festlichen Diner im Wilmersdorfer Logenhaus. Was aber ist Lutefisk? Ein per Säurebad in geleeartigen Zustand gebrachter, ursprünglich getrockneter Kabeljau, der auf traditionelle Weise mit ausgelassenem Speck, Erbsenpüree und Pellkartoffeln serviert wird. Eine gewöhnungsbedürftige kulinarische Komposition, wie auch Per Boye Hansen , Direktor der Komischen Oper, zugibt: „Mein erster Lutefisk war schrecklich! Wir waren noch ganz klein und hielten diesen ekligen Fischgestank im Haus einfach nicht aus – deswegen wurden wir bei den Nachbarn einquartiert.“ 80 Kilo extra eingeflogenen Lutefisks wurden beim Diner verspeist. Wohl ausschließlich von den 150 geladenen Gästen, das Personal, das hauptsächlich aus in Berlin studierenden Norwegern besteht, hat sich bewusst andersweitig verpflegt: „Wir haben uns extra Pizza geholt. Lutefisk, das ist doch streng genommen nichts anderes als ein Arme Leute-Essen aus der Kriegszeit. Und so schmeckt es auch.“ Außenminister Jan Petersen sah das ein wenig anders. Der Lutefisk erlebe daheim eine Renaissance, erklärt er: „So vor zehn, zwölf Jahren haben wir im Freundeskreis unsere eigene Lutefisk-Tradition begründet. Um ehrlich zu sein: Bei uns zu Hause war das Gericht nicht üblich, und so starteten wir also zunächst mit viel Aquavit und wenig Lutefisk, was sich mittlerweile altersbedingt gründlich geändert hat. Nun ist mehr Fisch und weniger Schnaps angesagt.“ Im Logenhaus geht es dagegen eher um mehr Schnaps. Und je leerer die großzügig ausgeteilten Aquavit-Flaschen werden, desto kritischer äußern sich die Gäste zum gelierten Fisch. „Ganz ehrlich? Ich hasse das Zeugs!Das Beste sind noch die extra eingeflogenen Kartoffeln“, bekennen viele, „aber es gehört nun einmal dazu.“ Wichtiger sei, andere Norweger zu treffen, sich ein wenig Heimweh zu gönnen. Die eingeladenen Deutschen betonten auch nach vielen Gläsern Schnaps tapfer, wie sehr ihnen „dieses exotische Gericht“ doch zugesagt habe.ewi

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