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Die Segler fürchten, langsam vom Großen Müggelsee verdrängt zu werden.

© Jens Kalaene/dpa

Naturschutz in Berlin-Köpenick: Auf dem Großen Müggelsee soll Platz für Segler bleiben

Nach den heftigen Protesten gegen die Naturschutzpläne lenkt Umweltsenatorin Günther ein – doch die Segler rührt das nicht. Sie haben keine guten Erfahrungen mit der Verwaltung gemacht.

Es ist der wahrscheinlich letzte Versuch, die Wogen zu glätten. Die neue Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne), eine ausgewiesene Klimaschutzexpertin, ist bereit, die Naturschutzflächen auf dem Großen Müggelsee deutlich zu reduzieren. Im westlichen Uferbereich soll die vorgesehene Schutzzone sogar um zwei Drittel verkleinert werden, um den Regattabetrieb auf dem See nicht zu behindern.

Am Freitag stellte Günther diesen Kompromiss Vertretern des Bezirks, von Sportvereinen und Umweltverbänden vor und warb um Zustimmung. Doch zumindest der Bezirkssportbund, der die meisten Vereine am See vertritt, hatte schon vorab eine negative Stellungnahme formuliert. "Wir lehnen die Verordnung zum Natur- und Landschaftsschutz auf dem Müggelsee grundsätzlich ab", sagte Joachim Nolte, der die Vereine bei dem Treffen vertritt.

Mit der Verordnung sollen EU-Richtlinien zum Gewässer- und Artenschutz umgesetzt werden. Damit ist nicht nur Berlin in Verzug. Die EU-Kommission hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet und könnte am Ende vor dem Europäischen Gerichtshof klagen. Die Folge wären, so argumentiert der Senat, Strafzahlungen an die EU, die der Bund von den betroffenen Ländern zurückfordern würde. Der Steuerzahler müsste also dafür büßen, dass Berlin den Naturschutz vernachlässigt. Aber auch das ist für die Segler nur ein Scheinargument. Die EU könne man auch ohne eine Verordnung davon überzeugen, dass sich die Natur am See positiv entwickelt.

Segler sprechen von "Augenwischerei"

Die Veränderungen im neuen Entwurf der Verordnung hatte Senatorin Günther im Umweltausschuss als "erhebliche Abstriche" bezeichnet, für die Seglerlobby ist diese Überarbeitung inklusive der Schutzzonenverkleinerung im Wesentlichen "Augenwischerei", wie Heidolf Baumann vom Bezirkssportbund sagt. Im östlichen Bereich der sogenannten "Bänke" beginne der Naturschutz weiterhin im Nahbereich von Segelvereinen. Außerdem seien brisante Formulierungen zwar entschärft oder ganz gestrichen worden, aber durch Verweise auf das allgemeine Naturschutzrecht ersetzt worden – "eine ziemlich fiese Taktik".

Die Natur am Müggelsee habe sich von den Umweltsünden der DDR längst erholt und brauche keine zusätzlichen Paragrafen mehr, argumentieren die Freizeitsportler. Wenn schon Flora und Fauna ausdrücklich unter Schutz gestellt werden, sollte auch der Wassersport einen gleichrangigen Schutzstatus erfahren. Der gesamte See sollte als Sportstätte ausgewiesen werden. Das ließe sich aber mit dem Naturschutzrecht wohl kaum vereinbaren.

"Die Verordnung ist ein Kompromiss, der die Belange des Naturschutzes und die Interessen der Erholungssuchenden und der Sporttreibenden integriert", erklärte Regine Günther vor dem Treffen am Freitag. Das hatte schon ihr Vorgänger Andreas Geisel (SPD) immer wieder beteuert. Der "muskelbetriebene" Sport sei durch die Verordnung in keinster Weise beeinträchtigt. Keine Regatta müsse vorab von den Umweltbehörden genehmigt werden.

Günther will auf Sportler zukommen, aber Naturschutz nicht opfern

Doch beim Versuch einer gütlichen Einigung bewegten sich Geisels Beamte wie der Elefant im Porzellanladen. In einer Zusatzvereinbarung zur Verordnung wurde das Flattern der Segel als grundsätzlich störend für Wasservögel bezeichnet, allein daraus hätte man ein grundsätzliches Fahrverbot in den Naturschutzzonen ableiten können. Die Segler fühlten sich von Geisel hinters Licht geführt. Schließlich gab der Senator die Verordnung, die längst unterschrieben sein sollte, als Erblast an seine Nachfolgerin weiter.

Der generellen Marschroute von Rot-Rot-Grün entsprechend möchte Günther die Verordnung nicht gegen den Willen der Betroffenen durchsetzen. Gleichzeitig könnte sie vor ihrem grünen Gewissen kaum verantworten, die Belange des Naturschutz den Interessen von Freizeitsportlern und Bootsvermietern komplett zu opfern.

Die Verordnung enthält kein ausdrückliches Fahrverbot in den Naturschutzzonen. Die Nutzung dieser ufernahen Gewässerbereiche soll in freiwilligen Vereinbarungen mit den Vereinen geregelt werden. Zu diesen Vereinbarungen gebe es noch keine Entwürfe, erklärt die Verwaltung. Bleibt es beim Dissens, könnte Günther die Verordnung dennoch in Kraft treten lassen. Das Parlament muss nicht zustimmen. Zu freiwilligen Vereinbarungen wären die Vereine wahrscheinlich nicht mehr bereit. Alternativ könnte der Senat den Bund bitten, in seiner Wasserstraße Müggelsee Fahrverbotszonen auszuweisen. Dann dürften nicht mal Paddler mehr in die Uferbereiche fahren.

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