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Das Blatt soll sich wenden: Der Senat verspricht 10 000 neue Straßenbäume.

© dpa

Neue Bäume: Rot-Schwarz bringt mehr Grün an die Straßen

In dieser Woche startet der Senat eine Kampagne für 10.000 neue Straßenbäume. Der Schwund früherer Jahre wird aber nur langsam aufzuholen sein. Deshalb sind auch private Spender gefragt - allerdings war die Resonanz bei bisherigen Aktionen eher gering.

Zum ersten Mal seit vielen Jahren wird Berlin wieder grüner. Nicht gerade in diesen Tagen, in denen das letzte Laub von den Zweigen rieselt, aber voraussichtlich im nächsten Jahr. Denn in dieser Woche startet der Senat die versprochene Offensive für 10 000 neue Straßenbäume. Die Zahl steht in der Koalitionsvereinbarung. Sie entspricht dem Schwund, den der Umweltverband BUND allein für die Zeit seit 2005 ermittelt hat.

Am Mittwoch will Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) in Hohenschönhausen die „Stadtbaumkampagne“ starten, mit der Land und Bezirke nach Tagesspiegel- Informationen 1600 Neupflanzungen pro Saison sichern wollen. Weil die versprochenen 10 000 Bäume in dieser Legislaturperiode so nicht zu schaffen sind, sollen außerdem private Spender geworben werden, deren Gaben die Verwaltung dann verdoppelt. Seit einigen Jahren ist ein Komplettpreis von 1000 Euro pro Baum üblich, der auch die Pflege für die ersten drei Jahre enthält. Bei bisherigen Einzelaktionen war die Resonanz privater Spender eher gering.

Auch ein Spendenmodell im wohlhabenderen Hamburg sei nur mäßig erfolgreich, berichtet Christian Hönig. Der studierte Forstwirt hat für den BUND gerade den dritten Berliner Straßenbaumreport vorgelegt. Die Bilanz zeigt riesige Unterschiede zwischen den Bezirken: Während in Charlottenburg-Wilmersdorf zwischen 2005 und 2011 von 3700 gefällten Bäumen nicht einmal jeder dritte ersetzt wurde, sind die Bezirke Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg als einzige deutlich im Plus. Berlinweit wurden in diesem Langfristvergleich nur 69 Prozent der gefällten Bäume ersetzt. Kurzfristiger, also seit 2010, geht die Tendenz zwar stärker in Richtung einer „grünen Null“, kann aber die großen Verluste aus früheren Jahren noch lange nicht ausgleichen.

„Wir haben eigentlich hoch motivierte Menschen in den Grünflächenämtern“, sagt Hönig. „Wer heutzutage als Gärtner arbeitet, macht das nicht wegen der guten Bezahlung, sondern weil er die Arbeit liebt.“ Nach Beobachtung des Baumexperten hängt die Bilanz der Bezirke maßgeblich von der Prioritätensetzung der Behördenleiter und vom Umgang mit dem chronischen Geldmangel ab. In Charlottenburg-Wilmersdorf herrsche jetzt der Ehrgeiz, frühere Versäumnisse aufzuholen, aber dafür bräuchte der Bezirk allein drei Millionen Euro. Bei der Pflege sehe es kaum besser aus: 80 Euro pro Baum und Jahr würden benötigt, 51 stünden zur Verfügung, so dass sich ein Defizit von 1,3 Millionen Euro ergebe. Spandau, das im Langfristvergleich den vorletzten Platz belegt, beklagt ebenfalls eine Finanzierungslücke von 30 Euro pro Baum.

Ein Kataster aller Bäume soll demnächst komplett sein

Dass die Bezirke inzwischen durchweg externe Firmen mit Neupflanzung und Pflege von Jungbäumen beauftragen und sich so einen Gewährleistungsanspruch sichern, wenn die Bäume nicht anwachsen, hält Hönig für vernünftig. Auch bei der Finanzierung sind die Bezirke kreativ: Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg und Neukölln bezahlen neue Bäume fast ausschließlich mit Geld, das sie für „Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen“ beispielsweise von Bauherren kassieren. Der Haken: Auf diese Weise fließt Geld für neue Straßenbäume nur, wenn anderswo Natur zerstört wird. Grüner wird Berlin davon also nicht.

Völlig anders sieht die Statistik des Senats aus: Demnach wuchs der Bestand auf zuletzt 438 740 Exemplare. Das liegt aber nicht an konsequenter Nachpflanzung, sondern an regelmäßigen „Bestandskorrekturen“. Die verschafften 2011 neun von zwölf Bezirken ein Plus, wobei Spandau mit 1971 „neuen“ Bäumen klar führte. „Das Thema ist bekannt“, formuliert Müllers Sprecherin Daniela Augenstein diplomatisch und fügt hinzu, dass der Senat bei den Bezirken auf aktuelle und vergleichbare Zahlen dringe. Auch BUND-Experte Hönig, der seine Daten auf Basis Kleiner Anfragen aus den Bezirksverordnetenversammlungen sammelt, erwartet Verbesserungen: Ein seit 2011 in Arbeit befindliches Baumkataster aller Bezirke solle demnächst komplett sein.

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