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© promo/Stefan Ludes Architekten

Neue Charité-Klinik: Schlechte Stimmung vor Baubeginn

Heute setzt der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit den Spatenstich für den Charité-Neubau auf dem Campus Mitte - begleitet von Kritik, an verdoppelten Kosten, dem falschen Ort und der zu kleinen Größe.

86 Millionen Euro soll der Neubau für die Vorklinik der Charité auf dem Campus Mitte kosten. Doch in der Charité wird jetzt befürchtet, das Geld werde in einen Bau investiert, der nicht ausreichend für Forschung und Lehre geeignet ist. Um die ohnehin dramatisch gestiegenen Kosten nicht noch weiter in die Höhe zu treiben, habe der Charité-Vorstand die Pläne für den Bau massiv zusammengestrichen, ist aus der Berliner Politik und aus der Charité zu hören. So würden die Laborflächen für die Wissenschaftler drastisch unter dem eigentlichen Bedarf liegen. Auch für Praktikumsräume für die Studierenden könnte kein Platz sein. „Es ist ein Schreckensbau: Er ist zu klein, bietet keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten, ist dafür aber extrem teuer“, heißt es. Am heutigen Freitag wird der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit den Spatenstich für den Neubau setzen.

Ursprünglich sollte der Bau 38 Millionen Euro kosten, inzwischen ist mit 86 Millionen mehr als doppelt so viel veranschlagt. Die Summe hat der Senat im Juni bewilligt. In dem Bau sollen acht vorklinische Institute gebündelt werden. Das sind theoretische Fächer wie Physiologie und Biochemie, die zu Beginn des Medizinstudiums gelehrt werden. Der zweite Vorklinik-Standort der Charité in Dahlem, der zum Benjamin-Franklin-Klinikum gehört, wird dafür aufgegeben. Die Konzentration in Mitte setzte 2006 Finanzsenator Thilo Sarrazin durch – gegen den Willen des Charité-Vorstandes und unter starkem Protest der Freien Universität, die darin ein Zeichen für eine schleichende Abwicklung des Franklin-Klinikums sieht.

Forscher haben jetzt teilweise zwei Drittel weniger Laborfläche

Eigentlich wollte Sarrazin durch die Konzentration Geld sparen. Zu hören ist jetzt, der Senat habe dem Vorstand zu verstehen gegeben, dass die Summe von 86 Millionen Euro nicht weiter überschritten werden dürfe. Die Kosten für den von der Charité gewollten Bau hätten aber nochmals deutlich darüber gelegen. Nach den abgespeckten Plänen hätten Forscher jetzt teilweise nur ein Drittel der Labor- und Büroflächen, die sie in ihren alten Häusern haben, zur Verfügung. Zu befürchten sei, dass die Lehre in andere Gebäude verlegt werden müsse. Es könne sein, dass neben Praktikums- auch Seminarräume fehlten.

Ein geplanter zentraler Stall für die Versuchstiere am Campus Mitte sei ebenfalls gestrichen worden. Auf den Bau eines Kellers werde verzichtet, was die Anlieferung von Versuchsmaterial erschwere. Die Umsetzung eines ökologischen Konzeptes, um Energie zu sparen, sei nicht mehr machbar. Die Lage des Neubaus direkt hinter der Stadtbahn sei zudem ungünstig. Die S-Bahn-Züge erschütterten das Gebäude, was experimentelle Messungen störe könne. Die Charité müsse den Bau abblasen und nach Alternativlösungen suchen, sagen Kritiker. Doch der Vorstand befürchte, nach dem Planungsdebakel um die Sanierung des Bettenhauses sei das der Politik nicht zu vermitteln.

2012 soll der Neubau eröffnet werden. Neben den Vorklinikern ziehen auch Wissenschaftler des im Elite-Wettbewerb geförderten Forschungsclusters „Neurocure“ ein. Die Kritik an dem Neubau wies Dekanin Annette Grüters-Kieslich gestern auf Anfrage zurück. „Die Vorwürfe stimmen nicht“, sagte Grüters-Kieslich. Der Planungsprozess sei „in enger Abstimmung mit den Betroffenen“ erfolgt, die Vorklinik habe alle Pläne „abgesegnet“. Zwar seien im letzten Jahr „Anpassungen“ nötig gewesen, dabei sei es auch zu Flächenreduktionen gekommen. Da das Haus aber wesentlich „funktionaler“ sei als die alten Gebäude, stelle dies überhaupt kein Problem dar. Es werde auch ausreichend Praktikums- und Seminarräume geben. Das Haus werde die „aktuellen Energiesparanforderungen erfüllen“.

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