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Berlin: Neue Freiheiten für Kneipenwirte

Weg mit der Bürokratie: Schankvorgärten ohne Genehmigung, getrennte Toiletten keine Pflicht

Von Sabine Beikler

Die Berliner dürfen sich auf mehr bayerische Biergartenatmosphäre in ihrer Stadt freuen: Für das Aufstellen von Tischen, Stühlen und Bänken vor Gaststätten braucht man künftig keine Genehmigungen mehr. Gastronomen müssen so genannte Schankvorgärten nur noch anzeigen. Kommt innerhalb eines Monats kein amtlicher Widerruf, gilt der kleine Biergarten vor der Tür als genehmigt. Ab dem 1. September ist die Straßenverkehrsbehörde für Sondernutzungen – darunter fallen auch Baustelleneinrichtungen – zuständig, und nicht mehr wie bisher das Tiefbauamt. „Auch die Gebühr von 50 Euro für eine 30-Quadratmeter große Fläche fällt weg“, sagte Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Der Senat hat am Dienstag im Zuge der Entbürokratisierung eine Reihe überflüssiger Vorschriften gestrichen und diverse Regelungen vereinfacht.

Allein in der Gaststättenverordnung fielen acht von 18 Paragraphen ersatzlos weg. Darunter fallen solch antiquierte Regelungen, dass zum Beispiel Hotelzimmer beheizbar sein und eine Waschgelegenheit haben müssen, oder dass die Gästeunterkünfte räumlich getrennt von den Privatbereich der Hoteliers sein müssen. „Das waren völlig überflüssige Paragrafen. Solche Zimmer ohne Waschgelegenheit oder Heizung bekommt man heutzutage doch gar nicht mehr vermietet“, sagte Klaus-Dieter Richter, Vize-Präsident des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes.

Künftig dürfen sich Männer und Frauen in Kneipen unter 50 Quadratmetern eine gemeinsame Toilette teilen; bisher mussten die Gastronomen zwei getrennte Toiletten und Urinale bereitstellen. Die werden nun durch das neue „Uni-Sex-WC“ ersetzt – durch ein einfaches Spülklo. Wer weiterhin Pissoirs bevorzugt, kein Problem. „Die Nutzer können darüber selbst entscheiden“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (PDS). Die Toiletten-Pflicht für Gaststätten, Imbisse oder Bäckereien mit Imbissbetrieb mit nicht mehr als zehn Sitzplätzen entfällt völlig. Der Senat wollte sich nicht auf eine Regelung verständigen, nach der die Toilettenpflicht für kleine Kneipen mit Alkoholausschank weiterhin gilt: „Wir wollten uns nicht anmaßen, darüber zu urteilen, ob nun Kaffee oder Bier den Harndrang mehr treibt“, feixte Wolf.

Auch das Abschleppen von Schrottautos und Fahrzeugen ohne gültiges Kennzeichen wird künftig schneller gehen. „Bisher dauerte das bis zu zwölf Wochen und bei ausländischen Autos sogar bis zu einem Jahr“, sagte Klaus Labod, der Leiter des berlinweit zuständigen Lichtenberger Amtes für regionalisierte Ordnungsaufgaben.

Langwierige Genehmigungsverfahren im Denkmalschutz soll es auch bald nicht mehr geben. Binnen vier Wochen müssen die Stellungnahmen der Unteren Denkmalschutzbehörde oder des Landesdenkmalamts bei der jeweilig anderen Behörde eingehen. Hat sich die Behörde dann nicht geäußert, gilt das automatisch als Genehmigung. Bisher dauert das Verfahren drei Monate. Die gestern beschlossenen Änderungen müssen noch vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden.

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