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Die Räume der "Klappe" lagen lange brach, nun haben zwei Berliner sie wiederbelebt.

© Justus Wilke

Neue Kunst-Bar in Berlin-Kreuzberg: Von der Klappe zur Kneipe

In öffentlichen Toiletten, den "Klappen", trafen sich früher schwule Männer heimlich zum Sex. In einem dieser Orte in Kreuzberg hat nun die Kunstbar „Zur Klappe“ eröffnet.

Kreuzberg hat eine neue Bar – und was für eine. Mitten im Bezirk, an der Kreuzung Mehringdamm/Yorckstraße, hat sie eröffnet, und zwar unter der Erde. Auf der Mittelinsel geht es hinab zu einer ehemaligen öffentlichen Toilette, die von zwei Berlinern in eine Bar mit Galerie verwandelt worden ist: Flint Neiber und Sören van Laak stießen zufällig auf die ungewöhnliche Location, die lange Zeit brachlag.

Doch so schnell ihnen die Idee zum Umbau kam, so schleppend verlief die Umsetzung. Unzählige Inspektionen, Gutachten und langes Warten auf Genehmigungen – jetzt haben sie den Berliner Bürokratie-Dschungel hinter sich gebracht. „Zur Klappe“ hat die Türen geöffnet.

Der Name der Bar nimmt Bezug auf die Geschichte des Ortes. Klappen – so nannte man früher die kostenfrei benutzbaren Klos in der Öffentlichkeit, in denen sich schwule Männer trafen, um Sex zu haben. Bis Anfang der 90er Jahre stand der Geschlechtsverkehr zwischen zwei Männern offiziell unter Strafe. Paragraf 175 zwang viele Homosexuelle, sich in versteckte Räume zurückziehen. In den Klappen fanden sie Schutz und Freiheit zugleich.

Klappen boten Schutz und Freiheit

Noch vor 20 Jahren verbarg sich da, wo nun Bier ausgeschenkt und Kunst gezeigt wird, ebenso ein Ort. Das erfuhren Neiber, Sohn des Sage-Club-Betreibers Sascha Disselkamp, und van Laak aber erst, nachdem sie den Mietvertrag mit dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg unterschrieben hatten.

Der französische Künstler Marc Martin stieß auf die beiden Berliner, als er für eine Recherche über Klappen auch die Souterrain-Toilette am Mehringdamm besuchte. Er erzählte den beiden Bargründern vom historischen Hintergrund ihrer neuen Location, und die beschlossen wiederum – fasziniert von den wilden Anekdoten – den Namen „Zur Klappe“.

Marc Martin ist der erste Künstler, der seine Arbeiten in den neuen Räumen präsentiert. Er stellt nicht nur in der neuen Bar aus, sondern bis Anfang Februar auch im Schwulen Museum: Für „Fenster zum Klo“ hat er viel recherchiert und diverse Fundstücke zusammengetragen, um die fast vergessene Geschichte der Klappen wiederzubeleben.

"Kunst aus der Dose"

Das ist Neiber und van Laak mit ihrer Kunstbar zweifellos auch gelungen. Die Wände mit den Graffitis und den Originalfliesen verleihen dem Ort einen einzigartigen Charme. Die ausgestellte Kunst soll sich aber nicht ausschließlich um queere Themen drehen: Nach Marc Martins pornografischen Fotografien wollen die beiden Barbetreiber auch andere Inhalte zeigen: „Wir wollen vor allem Kunst aus der Dose, Street-Art und Punk.“

Da passt es, dass Flint Neiber und Sören van Laak fast alles selbst gemacht haben. Besonders viel Arbeit haben sie in die Lüftung gesteckt. Denn, so erklärt Flint Neiber: „Beim Geruch soll man sich ja nicht an das öffentliche Klo zurückerinnert fühlen.“

Di–Sa ab 19 Uhr geöffnet. Infos auf der Facebookseite „Zur Klappe“.

Mehr LGBTI-Themen finden Sie auf dem Queerspiegel, dem queeren Blog des Tagesspiegels.

Justus Wilke

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