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Berlin: Neue Standards für Ein-Euro-Jobber

Senat, Arbeitsagentur und Verbände wollen Ärger um die Beschäftigung von Erwerbslosen beenden

Von Sabine Beikler

Gemeinnützig, im öffentlichen Interesse und zusätzlich: Das sind die Kriterien für Ein-Euro-Jobs. In Berlin sind zurzeit 13000 Empfänger von Arbeitslosengeld II in Ein-Euro-Jobs tätig, 35000 sollen es werden. Wer aber kontrolliert, ob von Billiglöhnern Tätigkeiten übernommen werden, die durch reguläre Beschäftigte gemacht werden können? Wirtschaftsverbände und Industrie- und Handelskammer (IHK) fordern seit längerem einen genau definierten Katalog mit erlaubten Tätigkeiten. Am 29. April wird es nun ein Spitzengespräch zwischen Senatswirtschaftsverwaltung, den Unternehmensverbänden Berlin und Brandenburg, der Handwerkskammer, IHK und Arbeitsagenturen geben. Bei dem Treffen will man sich auf eine so genannte „Positivliste“ mit genau beschriebenen Arbeitsangeboten verständigen. „Wir wollen Standards für ganz Berlin festlegen“, sagte Christoph Lang, Sprecher der Wirtschaftsverwaltung.

Nach Tagesspiegel-Informationen sollen Tätigkeiten für Ein-Euro-Jobs unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Soziales, Wissenschaft, Hochschulen, Kitas, Schulen, Sportvereine, Tourismus, Naturschutz und im Grünbereich festgeschrieben werden. Im Altenpflegebereich können das zum Beispiel Beschäftigungen wie Vorlesen, Handarbeiten, Basteln oder Spielen mit Pflegebedürftigen sein. Diskutiert wird intern noch, ob die Bezirke bestimmte Kontingente für Ein-Euro-Jobs erhalten.

Bei der Bewilligung von Ein-Euro-Jobs müssen Job-Center Unbedenklichkeitsbescheinigungen bei den Kammern einholen. Die Job-Center entscheiden allerdings völlig unterschiedlich, ob beantragte Tätigkeiten erlaubt sind. Dem Tagesspiegel liegt ein Schreiben an eine Personalvermittlung vor, die Ein-Euro-Jobber an das Diakonische Werk in Reinickendorf vermittelt hatte. Demnach dürfen Ein-Euro-Jobs in der Seniorenbetreuung nicht mehr angeboten werden, wenn es sich um „zusätzliche Hilfsangebote im Vor- und Umfeld der Pflege“ oder um „zusätzliche Hilfestellung bei der Essenseinnahme“ handelt. „Danach könnten wir keine Ein-Euro-Jobs mehr anbieten“, sagte Thomas Dane vom Vorstand des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg, das 500 Ein-Euro-Jobber beschäftigt. Dane fordert eine Klarstellung, weil er mögliche Geldrückforderungen befürchtet. Ellen Queisser von der Arbeitsagentur Nord war das Schreiben nicht bekannt. Eine Stellungnahme des Job-Centers war am Freitag nicht zu erhalten.

Auch „landschaftsgärtnerische Tätigkeiten“ oder „ergänzende hausmeisterliche Hilfstätigkeiten“ werden in dem vorliegenden Schreiben ausgeschlossen. „Das sind doch alles Arbeiten, die sonst liegen bleiben“, sagt der Neuköllner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky. Der SPD-Politiker hat sich für Ein-Euro- Jobs in Kitas oder Parks ausgesprochen, wenn diese Tätigkeiten nicht mehr von der Kommune finanziert werden können. „Warum darf man einem Hausmeister in einer Schule nicht mehr beim Entfernen von Graffiti helfen, wenn er es allein nicht mehr schafft?“ Verstehen kann das Heinz Buschkowsky nicht.

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