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Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers steht seit Wochen in der Kritik.

© dpa

Neue Vorwürfe in HBS-Affäre: Investitionsbank verstieß gegen Förderauflagen

Im Betrugsfall um die vom Land geförderte Pleitefirma HBS in Luckenwalde gibt es neue Vorwürfe. Die Investitionsbank (ILB) zahlte eine Millionenrate - und verstieß damit gegen eine Auflage des Förderbescheides.

In der Betrugs-Affäre um die Pleitefirma Human Bioscience (HBS) haben alle beteiligten Institutionen Brandenburgs versagt. Das geht aus Dokumenten der Förder-Akte für das gescheiterte 40-Millionen-Projekt in Luckenwalde hervor, die dem Tagesspiegel vorliegen.

Bei dem Projekt verlor das Land mindestens 6,5 Millionen Euro, mit der vom Finanzamt gezahlten Investitionszulage wahrscheinlich über zehn Millionen Euro. Nach den Unterlagen hätten Investitionsbank (ILB), Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke), aber auch die Staatsanwaltschaft verhindern können, dass noch am 27. September 2012 an die HBS 3,2 Millionen Euro überwiesen wurden - obwohl es längst Hinweise auf Betrug, Unseriosität und fehlende Bonität gab. Zudem zahlte die ILB nach Tagesspiegel-Recherchen die Rate im Widerspruch zum geltenden HBS-Förderbescheid aus. Banknachweise zu Bonität und sicherer Gesamtfinanzierung, die dort ausdrücklich gefordert werden, lagen nicht vor. Am heutigen Montag versammelt sich der Landtag wegen der Affäre zu einer Sondersitzung.

HBS legte Bonitätsbescheinigung nicht vor

Zwar hat sich Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) in einem Interview mit der „Lausitzer Rundschau“ hinter Christoffers gestellt, den er sogar „rundum“ entlastet sieht. Woidke sieht danach Versäumnisse allein in der früheren SPD-CDU-Regierungszeit, wo unter Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) einst der Förderbescheid für das Projekt erteilt wurde. Und wie zuvor Christoffers erklärte Woidke, dass die Firma aufgrund des Bescheides aus 2008 angeblich einen Rechtsanspruch auf Fördermittel gehabt habe, die im September 2012 ausgezahlt werden mussten. Genau das trifft nach den vorliegenden Dokumenten aber so nicht zu, im Gegenteil. Als die ILB – nach Konsultation mit Wirtschaftsministerium und Christoffers – 2012 die 3,2 Millionen Euro überwies, verstieß sie selbst gegen den Förderbescheid vom 24.Oktober 2008.

Darin ist eine Auflage an die HBS als Auszahlungsvoraussetzung formuliert, die auch bei späteren Änderungen des Bescheides 2009 und 2011 unberührt geblieben war, nämlich folgende: „Bei jedem Mittelabruf sind eine Bestätigung des Wirtschaftsprüfers/Steuerberaters ... und eine Bestätigung der Hausbank über die gesicherte Gesamtfinanzierung sowie eine aktuelle Bonitätsbescheinigung einzureichen.“ Beides legte die HBS nicht vor, was ILB, Wirtschaftsministerium und Minister Christoffers bekannt war. Stattdessen gaben sich alle mit einer Erklärung der Wirtschaftsprüfer der HBS-Firma selbst zufrieden, dass die Gesamtfinanzierung weiter gesichert sei.

Freigabe der Gelder trotz Bedenken

Dabei ruhten auf der Baustelle des geplanten Werkes, in der Wundpflaster mit Heilwirkung hergestellt werden sollten, schon seit Monaten die Bauarbeiten. Dabei sprachen HBS-Manager bei einem Termin mit Christoffers, ILB, und Ministeriellen am 26.September 2012 von drohender Zahlungsunfähigkeit, falls die Millionenrate nicht bis 1.Oktober 2012 fließe. Am Tag nach diesem Termin mit Christoffers, auch ILB-Vizeverwaltungsratschef, am 27.September 2012, gab die ILB die Gelder frei - obwohl sie noch am 25.September 2012 selbst Bedenken hatte.

Noch da wollten die Banker laut Unterlagen gründliche Prüfungen, weil es schwer nachvollziehbare Zahlungsflüsse nach Indien gebe und Informationen zur HBS-Zuverlässigkeit sowie erforderliche Bestätigungen der Hausbank zu Gesamtfinanzierung und Bonität fehlen würden. All das steht auch in einer Briefing-Mail vom 25.September 2012 des Wirtschaftsministeriums an Christoffers für dessen Verhandlungen mit HBS am Folgetag. Über die Betrugshinweise bei HBS war Christoffers durch die ILB seit Frühjahr 2012 informiert. Etwa zeitgleich, als diese am 3.April 2012 die Staatsanwaltschaft eingeschaltet hatte, mit präzisen Hinweisen auf Betrug und der Bitte um „kurzfristige Unterstützung“, da „weitere Auszahlungen anstehen“.

Die ließ auf sich warten. Erst im November 2012, nach Zahlung, forderten sie erstmals Akten an. Das Betrugs-Ermittlungsverfahren, in dem Anfang 2014 die HBS-Manager verhaftet wurden, begann im Sommer 2013. Die 3,2 Millionen Euro waren lange weg.

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