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Neuer Park: Gleisdreieck: Käfer sammeln erlaubt - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren liefen am Gleisdreieck die Arbeiten für den neuen Park auf Hochtouren. Einige Teile waren bereits frei zugänglich. Direkt am Gelände sollte ein neues Wohnquartier entstehen. Was Silke Siebs darüber schrieb..

Es riecht nach Wildblumen, in der Sonne schwirren Insekten. Mitten auf dem freien Gelände wächst eine Robinie aus einem alten Ölfass. Schienen und alte Stellwerke erinnern an die Vergangenheit des Geländes. Die 170 000 Quadratmeter große Fläche war lange Zeit Bahnhofsgelände. Nun soll zwischen Yorckstraße und Landwehrkanal ein Park entstehen.

Vor einem Jahr haben die Bauarbeiten am Ostteil des „Parks am Gleisdreieck“ begonnen. Im kommenden August soll dieser Teil fertig werden. Der Baubeginn für den Westpark, durch die ICE-Trasse vom Ostpark getrennt, ist für 2011 geplant. Und auch wenn man es auf den ersten Blick nicht sieht, auf der Ostanlage ist schon eine Menge passiert – vor allem unterirdisch. „Das meiste, was man in einem Park baut, passiert unter der Erde“, sagt Regina Krokowski von der Firma Grün Berlin GmbH, die im Auftrag des Senats die Grünanlage baut. So wurden bereits kilometerlange Leitungen verlegt, um den Park in heißen Sommern bewässern zu können. Zudem befinden sich unter der Erde bereits mehrere „Rigolen“, Versickerungsflächen für Regenwasser. Bevor diese eingesetzt werden konnten, mussten erst mal 62 000 Tonnen Bauschutt, Gleisschotter und Asphalt aus dem Park abtransportiert werden – insgesamt 3100 Lkw-Ladungen.

„Die Feinarbeiten, wie das Anlegen von Spielplätzen, kommen fast zum Schluss“, sagt Projektleiterin Krokowski. Drei große Spielanlagen soll es geben, eine am Eingang an der Obentrautstraße. Der Spielplatz soll vor allem für Kleinkinder bis sechs Jahren geeignet sein. Auf dem Teil des Geländes befinden sich noch Bäume, so dass die Kinder auch Schatten haben. Ein weiterer Spielplatz für Kinder bis zwölf Jahren ist am Eingang Hornstraße geplant. Der liegt dann ganz dicht neben dem dritten, bereits geöffneten Spielplatz, der sich Naturerfahrungspark nennt. Spielgeräte gibt es dort nicht, vielmehr wird im Sommer zweimal pro Woche das Wasser angestellt, so dass die Kinder sich im Matsch austoben können. Vor allem lernen sie dort, sich mit Naturmaterialien zu beschäftigen. Hügel wurden aufgeschüttet, Baumstämme und Steine hingelegt. „Käfer dürfen gesammelt werden“, heißt es auf einem Schild.

Alexander Tiedge bietet jeden zweiten Sonntag eine Führung über die Baustelle an. Diesmal schließen sich ihm 30 Neugierige an. „Das ist eine gute Menge. Ich bin hier schon mit 120 Besuchern durch den Park gelaufen“, sagt der Referent der Grün Berlin GmbH. Mit den Besuchern steht er auf dem ersten fertigen Asphaltweg, der parallel zur Möckernstraße läuft und deshalb „Möckernpromenade“ heißt. „Auf dem Gelände sollen Wege mit zwei Geschwindigkeiten entstehen“, erklärt Tiedge. Auf dem einen Pfad sind dann die schnelleren Besucher unterwegs, also Radfahrer und Inlineskater. Der andere Weg ist für Fußgänger bestimmt. 2500 Meter befestigte Wege werden durch den Park führen. Terrassen mit Sitzlandschaften sollen zum Verweilen einladen. In der Nähe können die Besucher dann unter anderem Boule und Tischtennis spielen. Auf der anderen Seite der Promenade schauen die Besucher auf die Kreuzberger Wiese, Herzstück des Parks. Mitten durch die Rasenfläche führen parallel zur „Möckernpromenade“ die Schienen einer Bahn des Technikmuseums. „Sie wird noch genutzt, allerdings fährt sie sehr langsam“, erklärt der Referent. Am oberen Teil der Kreuzberger Wiese soll ein zentraler Platz mit Tanzfläche und Gastronomie entstehen, die Betreiber stehen noch nicht fest. Auch für das alte Poststellwerk wird noch ein Pächter gesucht.

Parallel zu den Schienen der ICE-Trasse führt ab nächstem Jahr der Fernradweg „Berlin-Leipzig“. Die Fahrradfahrer radeln dann unter anderem am Sportpark vorbei. Dort können die Besucher Fußball und Basketball spielen, zudem gibt es einen sogenannten Skatepool. In die Planung der Anlage wurden die Bürger einbezogen, aber auch die Polizei, um sie möglichst sicher zu gestalten. „Wir mussten zudem einige Auflagen der Naturschützer beachten, deshalb haben wir für die Insekten und Eidechsen einen Bereich Trockenvegetation erhalten“, sagt Regina Krokowski. Zwischen der Trasse und der Kreuzberger Wiese wurde auch ein großes Stück Wald bewahrt. „Echte Spontanvegetation“, schwärmt Tiedge. Zwischen den Bäumen liegen Schienen, die Besucher müssen aufpassen, wo sie hintreten. Das ist ein wenig abenteuerlich im Dickicht, doch bis zur Eröffnung des Parks wird der Weg befestigt sein. „Schade eigentlich“, finden einige Besucher.

Schienen und Schläuche. Auch die derzeitige Spontanvergetation soll teilweise erhalten bleiben.
Schienen und Schläuche. Auch die derzeitige Spontanvergetation soll teilweise erhalten bleiben.

© Kitty Kleist-Heinrich

Kräuter, Obst und Gemüse werden im Rosenduftgarten angebaut. Das Gelände wird vom Verein Südost gepflegt, einem interkulturellen Projekt: Ehemalige Flüchtlinge, vor allem bosnische Frauen, werden Gemüse, Blumen und Obst anpflanzen. „Die Gärtner freuen sich immer über Besucher, gerne kann man hier einen Tee mit ihnen trinken“, sagt Alexander Tiedge. Dieser Gartenteil hat nichts mit den Kleingärten im Westteil zu tun. Die Laubenpieper zwischen Dennewitz- und Yorckstraße sollten ursprünglich weiteren Sportanlagen weichen. Doch ihr Protest wurde gehört, sie dürfen bleiben. Allerdings werden keine neuen Pächter mehr gesucht, und wenn eine Pacht ausläuft, wird das Stück in den Park integriert. Der Rosenduftgarten ist, genau wie der Naturerfahrungspark, bereits frei zugänglich. Der Rest des Parks ist noch verschlossen. Wachleute patrouillieren.

Neben dem Rosenduftgarten an der Möckernstraße befindet sich eine drei Hektar große Fläche, die nicht mehr zum Park gehört. Eine Wohnungsbaugenossenschaft plant dort den Bau eines neuen Stadtquartiers mit etwa 385 Wohnungen. „Wir berücksichtigen beim Bau ökologische, soziale und interkulturelle Aspekte“, sagt Ronja Funke von der Genossenschaft „Möckernkiez“. Für rund 1000 Menschen werden dort Wohnungen entstehen, eine Investition von 72 Millionen Euro. „Es soll sich aber nicht um ein Luxusobjekt handeln“, sagt Funke. Deshalb können die Wohnungen auch nicht einfach gekauft und weitervermietet werden. Über das Reglement wacht der Genossenschaftsvertrag. Mit Gemeinschaftsflächen und stadtteilbezogenen Angeboten soll der besondere Quartiersansatz des Projekts in die Nachbarschaft ausstrahlen. Geplant sind unter anderem ein Jugendzentrum und eine Kiez-Kantine mit Versammlungs- und Seminarräumen. Die Bauarbeiten haben noch nicht begonnen, dennoch hoffen die ersten Mieter, im Frühjahr 2012 einziehen zu können. Noch ist das Brachland unberührt. Es riecht weiter nach Wildblumen, Insekten schwirren in der Sonne.

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

Silke Siebs

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